Im Synagogen-Projekt haben wir uns im vergangenen Semester mit den beiden wieder neu zu errichtenden Synagogen am Bornplatz in Hamburg und am Fraenkelufer in Berlin beschäftigt. Obwohl in beiden Fällen durch die Gemeinden Rekonstruktionen der gründerzeitlichen Synagogen favorisiert werden, haben wir uns in den gemeinsamen Projekten mit den Universitäten in Hamburg, Dresden und in Darmstadt auf die Entwicklung alternativer Vorschläge konzentriert.
Das mag für uns Architekten vor dem Hintergrund kritischer Debatten zu Wiederaufbauten an anderen Orten naheliegend und auch "richtig" erscheinen. Die projektbegleitenden Diskussionen aber auch Beiträge Dritter haben jedoch gezeigt, daß der Wunsch nach einer Rekonstruktion der äußeren Gestalt der 1938 von Deutschen zerstörten Synagogen als gebaute Zeichen ernst zu nehmen ist. Bekannte Argumente aus zurückliegenden Rekonstruktionsdiskursen greifen jedenfalls nur bedingt, wenn gerade die Wiedererrichtung des Zerstörten selbst als notwendige oder sogar als überfällige Geste verstanden wird.
Dass in der denkbaren und sogar angestrebten Rekonstruktion zerstörter Synagogen auch ein Paradigmenwandel im Selbstverständnis der jüdischen Gemeinden in Deutschland zum Ausdruck kommt, ist offensichtlich. Dennoch werden die Formen jüdischen Lebens in den heute neu zu errichtenden Synagogen vollkommen andere sein, als im frühen 20. Jahrhundert. Trotz aller Zuzüge erreicht die Zahl der Gemeindemitglieder selbst in den Metropolen Hamburg und Berlin auch heute noch nicht annähernd wieder das Niveau der Zeit vor 1933. So wird die Nutzung der die Bauwerke prägenden, seinerzeit für mehrere tausend Gläubige ausgelegten Synagogen-Innenräume heute kaum dieselbe sein können, wie einst.
Nicht erst an dieser Stelle wird deutlich, daß es einen gewissen Widerspruch zwischen der geforderten Zeichenhaftigkeit der wieder zu errichtenden Bauwerke einerseits und deren möglicher Nutzung auf der anderen Seite gibt. Auch wenn man die Synagoge als Sakralbau gewiß nicht auf die gebaute Darstellung der reinen Funktionen reduziert sehen will, bleibt dieser Widerspruch eine architektonische Herausforderung. Denn auch in der rekonstruierten Synagoge wird es darum gehen, dem jüdischen Leben in der Großstadt heute eine zeitgemäße Ausdrucksform zu geben.
Dass diese Frage in ihrer zugespitzten Form in den bisher bearbeiteten Entwürfen zum Synagogen-Projekt nicht bearbeitet wurde, empfinden wir als eine Leerstelle. In Form einer eng betreuten, gemeinsamen entwerfenden Recherche wollen wir uns daher mit einer kleinen Gruppe von Studenten vertieft mit den Möglichkeiten aber auch mit den Grenzen der Rekonstruktion der Synagogen in Hamburg und Berlin auseinandersetzen. Die Projekte werden während der Bearbeitung mit verschiedenen Gästen diskutiert werden. Ergebnis unserer Recherche sollen architektonische Entwürfe sein, die durch eine Dokumentation unserer Auseinandersetzung mit den hier skizzierten Themen zu ergänzen sein werden. Eine Publikation im Rahmen der Veröffentlichungen zum Synagogen-Projekt ist vorgesehen.
Das Projekt kann als Projektmodul oder Thesis im Master-Studiengang Architektur bearbeitet werden. Die Anerkennung zusätzlicher Seminarleistungen ist nach Absprache möglich. Es sind sowohl Einzel- als auch Gruppenarbeiten möglich. |