Beschreibung |
Die Affären um gefälschte Reportagen von Relotius & Co stellt aktuell wieder die Frage nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit in der dokumentarischen Repräsentation von Wirklichkeit. Zahlreiche Texte wurden mit Preisen überhäuft und zeichneten ein Bild der Wirklichkeit, wie es das Publikum erwartete. Doch waren die dokumentarisch anmutenden Berichte vor allem perfekt in Szene gesetzte Fiktionen.
Gibt es ein Entweder-Oder zwischen Narrativ und Wahrheit? Zwischen dem, was wahr ist und dem was sich gut erzählt? Schließt sich beides aus oder können wir in der Fiktion der Wahrheit vielleicht sogar näher kommen als in der scheinbar objektiven dokumentarischen Berichterstattung? Der Regisseur Werner Herzog ist ein vehementer Verteidiger der Zuspitzung. Er prägte den Begriff der »ekstatischen Wahrheit«. Herzog ist bekannt für seine cineastischen Inszenierungen, in der Realität und Fiktion fließend ineinander übergehen. „Ich habe Dokumentationen gedreht, in denen so gut wie jedes Detail erfunden ist und die genau deshalb viel mehr Wahrheit enthalten als viele andere, die sich buchhalterisch an Objektivismus klammern.“ Welche Rolle kommt den Filmschaffenden in der Bewertung und Beschreibung der Wahrheit also zu? Kann eine Mockumentary ehrlicher sein, als eine objektive Reportage? Wo verläuft die Grenze zwischen dokumentarischem Arbeiten und reiner Fiktion? Mit diesen und ähnlichen Fragen wollen wir uns in diesem Semester beschäftigen. Gemeinsam loten wir die Grenzbereiche des Storytellings aus und entwickeln eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen erzählerischen Ansätzen, die über die traditionelle narrative Form der „Heldenreise“ (Aufbruch, Krise, Heimkehr) hinausweisen. Die Komplexität von Wirklichkeit wird unsere erzählerische Herausforderung. Ein besonderes Augenmerk soll auf den Genre-Grenzen zwischen dokumentarischem, fiktionalem und experimentellem Erzählen liegen. Ziel des Projektes ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, die den kreativen Prozess des Filmemachens anstößt und kritisch begleitet. Dokumentarische Übungsaufgaben und Workshops erleichtern den Einstieg und fördern technische Versiertheit sowie dramaturgische Kompetenz. Nach einer kurzen dokumentarischen Fingerübung sollen im Verlauf des Semesters Dokumentationen über eine große Bauhaus-Persönlichkeit entstehen – real oder erfunden? Überzeugen Sie uns! |