Beschreibung |
Anders als es die Selbstbeschreibungen zeitgenössischer Telekommunikationsunternehmen, Softwarehersteller oder der Börse suggerieren, zeichnet sich unsere Gegenwart keineswegs allein durch zunehmende Geschwindigkeit, Simultaneität und Vernetztheit aus. Kehrseite neuester Programme sind häufig längere Ladezeiten, und die größere Bandbreite mag das eigene (Alt-)Gerät ggf. nicht verarbeiten. Mit anderen Worten: man wartet - dass der PC hochfährt, der Verkehrsstau sich auflöst, man an der Reihe ist. Man wartet aber auch auf bestimmte Ereignisse oder schiebt auf, was zu tun wäre. Das geplante Plenum will diesen verschiedenen Ausprägungen des Wartens genauer nachgehen und dabei sowohl historische, kulturvergleichende und systematische Überlegungen anstellen. So wird nach der historischen Bedeutung des Wartens zu fragen sei. Peter Sloterdijk etwa hat betont, das bäuerliche Wohnen sei grundsätzlich als zyklisch wiederkehrendes 'Warten auf die Ernte' zu verstehen. Ebenso ist nach der Ausbildung spezifischer Wartearchitekturen zu fragen; zu denken ist hier an Speicherarchitekturen (Lager, Magazin, Archiv), aber auch an die im Zusammenhang mit den (globalen) Verkehrsnetzwerken entstehenden Stationen (Gasthöfe), Haltestellen und Warteräume (etwa in Bahnhöfen). Muss die oder der Wartende gelenkt, abgelenkt oder schlicht nur stillgestellt werden? In systematischer Hinsicht soll nach einer möglichen Unterscheidung von Warten, Aufschub und Stillstellung im Sinne unterschiedlicher temporaler Regime gefragt werden. Dabei wird zu diskutieren sein, inwiefern das Warten und Aufschieben verschiedene ästhetische Qualitäten auszubilden vermag (Langweile, Daddeln, Prokrastinieren) und wie künstlerische Projekte dies aufgreifen. Das Plenum wird diese historischen und systematischen Aspekte in gemeinsamer Textlektüre und Diskussion entwickeln. Darüber hinaus sind Exkursionen und Workshops geplant, die spezielle Fragestellungen anhand konkreter Anwendungsbeispiele vertiefen wollen.
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engl. Beschreibung/ Kurzkommentar |
Waiting. Media, Practices, and Architectures of Deferral
Contrary to what telecommunication companies, software vendors, or the stock market suggest, speed, simultaneity and interconnectedness might not be the most essential attributes of contemporary societies. The reverse of new features or the latest technology often is – waiting. Waiting for a program to load, a service to respond, the traffic jam to dissolve. We wait for certain events to happen, or defer what should be done. The course will analyze different formations of waiting, laying focus on historical and systematic aspects. We will ask how specific architectures of waiting are formed and how they relate to the upcoming global networks of traffic (waiting halls in train stations, bus stops, airports). We will also reflect on the differences between practices such as waiting, deferring, or interrupting, account for their different temporal regimes, and discuss how this is taken up by artistic projects. |