Beschreibung |
Hervorgegangen aus dem politischen Engagement von Behindertenbewegungen insbesondere in den USA und Großbritannien haben sich die „Disability Studies” als eine Querschnittsdisziplin formiert, die inzwischen auch an deutschen Universitäten neue Sichtweisen auf das Thema Behinderung jenseits enger medizinischer oder rehabilitationswissenschaftlicher Grenzen und zudem die Neuperspektivierung grundlegender menschlicher Erfahrungen ermöglicht. Für die kulturwissenschaftliche Forschung bringen die Disability Studies neue Impulse, insofern die von ihnen vertretene Auffassung von Behinderung und Nicht-Behinderung als einander durchdringende kulturelle Konzepte auf produktive Weise Auffassungen von Normalität und Abweichung, Gesundheit und Krankheit, Natur und Kultur destabilisiert. Im Seminar werden wir diese Impulse aufnehmen und Behinderung als analytische Kategorie fruchtbar machen, über die sich medienkulturelle Diskurse und Praktiken neu fassen lassen oder in bestimmten Aspekten überhaupt erst sichtbar werden. Anhand von Textlektüren werden im Kurs grundlegende Begriffsbestimmungen und Theorieansätze der Disability Studies erarbeitet und in Verschränkung mit medienkulturwissenschaftlichen Fragestellungen diskutiert. Auf dieser Grundlage werden wir uns einerseits mit historischen und zeitgenössischen Repräsentationen von Menschen mit Behinderungen in Medien, Kunst und Literatur auseinandersetzen. Andererseits werden wir konkrete medienkulturelle Praktiken und Techniken nicht nur im Zeichen der Inklusion, Partizipation und Gleichstellung behinderter Personen behandeln, sondern auch hinsichtlich ihres Potenzials, die Selbst- und Welterfahrung Nicht-Behinderter zu verändern und zu erweitern – ein Aspekt, der im zweiten Seminar des Moduls („Medienästhetik der Blindheit”) noch vertieft werden wird.
Die beiden Seminare des Moduls sind inhaltlich aufeinander bezogen, weswegen eine Einschreibung in beide Kurse empfohlen – und bei hohen Anmeldezahlen zur Voraussetzung für die Teilnahme gemacht – wird. Interessierte planen bitte mit ein, dass es ab dem 25.4. im Anschluss an die Seminarsitzung von 17 Uhr bis 18.30 Uhr einen Sichtungstermin geben wird, in dem Filme zu beiden Seminaren des Studienmoduls „Medien und Dis/Abilities” gezeigt werden. Zudem ist eine kurze Exkursion geplant, sowie eine Gesprächsrunde mit einer blinden Autorin von Audiodeskriptionstexten. Genaueres dazu wird zu Beginn des Semesters bekanntgegeben. |
Literatur |
- Ellcessor, Elizabeth, Bill Kirkpatrick (Hrsg.): Disability Media Studies. New York: New York University Press 2017.
- Lutz, Petra, Thomas Macho, Gisela Staupe, Keike Zirken (Hrsg.): Der [im-]perfekte Mensch. Metamorphosen von Normalität und Abweichung. Köln: Böhlau 2003.
- Mitchell, David. T, Sharon L. Snyder: Narrative Prosthesis: Disability and the Dependencies of Discourse. Michigan: Michigan University Press 2000.
- Waldschmidt, Anne: Disability Studies zur Einführung. Hamburg: Junius 2020. |