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Die Malerei wurde schon oft totgesagt und ist dennoch heute so vital wie nie. Dieser Fachkurs setzt sich mit ihren vielen vermeintlichen Toden, sowie dem Wesen der Malerei an sich auseinander und insbesondere mit den Bedingungen, unter denen sie im Informationszeitalter neue Relevanz entfaltet.
ACHTUNG: Dieser Fachkurs setzt die Fähigkeit und Bereitschaft voraus selbständig komplexe Texte vorab ggf. auch auf englisch zu durchdringen! Die Besprechung der Texte kann ggf. auch auf englisch erfolgen, die Teilnahme am Fachkurs erfordert eine aktive Teilnahme an der Diskussion der Inhalte. Ein Vortrag auf Basis einer schriftlichen Arbeit über eine in diesem Kontext relevante künstlerische Position ist Teil des Fachkurses (Prüfungsleistung).
Zur Bewerbung für die Fachkurs-Teilnahme bitte ein kurzes Anschreiben mit Semester, Studiengang und Interessengebieten per Email mit dem Betreff "AUFHÖREN? ANFANGEN!" schicken. Bitte nur von @uni-weimar.de Email schreiben! Anmeldung per E-Mail: roman.liska@uni-weimar.de
Auszug aus Byung-Chul Han, Dingvergessenheit in der Kunst, in UNDINGE: Umbrüche der Lebenswelt (2021) Ullstein, Berlin
"»Das Problematische in der heutigen Kunst ist, dass sie dazu neigt, eine vorgefasste Meinung, eine moralische oder politische Überzeugung mitzuteilen, das heißt Informationen zu vermitteln.« (107) Die Konzeption geht der Ausführung voraus. Dadurch verkommt die Kunst zur Illustration. Kein unbestimmtes Fiebern bestimmt den Ausdrucksprozess. Die Kunst ist kein Handwerk mehr, das die Materie intentionslos zu einem Ding formt, sondern ein Gedankenwerk, das eine vorgefertigte Idee kommuniziert. Eine Ding-Vergessenheit erfasst die Kunst. Die Kunst lässt sich von der Kommunikation vereinnahmen. Sie wird informations- und diskurslastig. Sie will belehren, statt zu verführen. [...] Informationen zerstören die Stille des Kunstwerkes als Ding. »Gemälde sind stumm und ruhig in einem Sinne, in dem Information es niemals ist.« (108) Wenn wir ein Bild nur auf die Information hin betrachten, übersehen wir seinen Eigensinn, seine Magie. Es ist der Überschuss des Signifikanten, der das Kunstwerk magisch und geheimnisvoll erscheinen lässt. Das Geheimnis des Kunstwerkes besteht nicht darin, dass es eine Information verborgen hält, die sich enthüllen ließe. Geheimnisvoll ist vielmehr der Umstand, dass Signifikanten zirkulieren, ohne von einem Signifikat, vom Sinn angehalten zu werden: »Das Geheimnis. Verführerische, initiatorische Qualität dessen, was nicht gesagt werden kann, obgleich es dennoch zirkuliert. [...] Eine Komplizenschaft, die nichts gemein hat mit einer verborgen gehaltenen Information. Zumal die Partner das Geheimnis gar nicht lüften könnten, selbst wenn sie es wollten, denn es gibt nichts zu sagen. Alles, was aufgedeckt werden kann, geht am Geheimnis vorbei. [...] das Geheimnis ist der Kommunikation entgegen gesetzt, und dennoch ist es etwas, das geteilt wird.« (109) [...] Das Regime der Information und Kommunikation verträgt sich nicht mit dem Geheimnis. Das Geheimnis ist ein Gegenspieler der Information. Es ist ein Murmeln der Sprache, das aber nichts zu sagen hat. Wesentlich für die Kunst ist die »Verführung unterhalb des Diskurses, unsichtbar, von Zeichen zu Zeichen, geheime Zirkulation«. Die Verführung verläuft unterhalb des Sinns, diesseits der Hermeneutik. Sie ist schneller, wendiger als Sinn und Bedeutung."
(107) Robert Pfaller, die blitzenden Waffen. Über die Macht der Form, Frankfurt/M, 2020, S. 93. in Byung-Chul Han in UNDINGE: Umbrüche der Lebenswelt (2021) Ullstein, Berlin
(108) John Berger, Sehen. Das Bild der Welt in der Bilderwelt, Reinbek 1974 S. 31. in Byung-Chul Han in UNDINGE: Umbrüche der Lebenswelt (2021) Ullstein, Berlin
(109) Jean Baudrillard, Von der Verführung, München 1992, S. 110. in Byung-Chul Han in UNDINGE: Umbrüche der Lebenswelt (2021) Ullstein, Berlin |