| Beschreibung |
In diesem film- und medienphilosophischen Master-Seminar widmen wir uns dem facettenreichen Denken Roland Barthes’, insbesondere seinem ambivalenten Verhältnis zum Film und seiner Theoretisierung des „Filmischen”. Ausgangspunkt ist Barthes’ vielzitierte Präferenz für die Fotografie gegenüber dem Kino – „Photographie (≠ Film)” –, wie sie vor allem in "Die helle Kammer" (1980) und "Die Vorbereitung des Romans" (2003) zum Ausdruck kommt. Doch jenseits dieser scheinbaren Ablehnung lässt sich bei Barthes eine komplexe, oftmals produktive Auseinandersetzung mit filmästhetischen Fragestellungen nachzeichnen. Barthes’ verstreute filmtheoretische Bemerkungen werden in dem Seminar immer wieder systematisch zusammenführt und das Konzept des „Filmischen” als Schwellenphänomen zwischen Bild, Wahrnehmung und Schriftlichkeit konturiert, das eine verkörperungs-, milieu- und affekttheoretische Perspektivierung des Filmischen mit und gegen Barthes selbst denkbar werden lässt und dabei Anschlüsse an rezente film- und medienphilosophische Theoriebildung sichtbar macht. Dabei spielt Barthes’ Essay "Der dritte Sinn" (1970) eine Schlüsselrolle: Hier beschreibt er einen „stumpfen Sinn”, der sich der Semiotisierung entzieht und als Ursprung eines filmischen Erlebens jenseits von Narration, Repräsentation und Ideologie gedacht ist. Neben "Die helle Kammer" und "Der dritte Sinn" analysieren wir weitere einschlägige Texte wie "Beim Verlassen des Kinos" (1975), "Das Problem der Bedeutung im Film" (1960), sowie seine Auseinandersetzung mit Pasolinis Salò (1976). Thematisiert werden dabei Konzepte wie das punctum, das hors-champ subtil, das Verhältnis von Bewegung und Stillstand (Fotogramm), sowie Barthes’ utopische Vorstellungen einer „Buchstäblichkeit” im Kino – etwa in seinem frühen Text In Cinemascope (1954), wo das Format als Erfahrungshorizont einer neuen sinnlichen Freiheit gepriesen wird. Um den semiologischen Hintergrund von Barthes als Medien- und Filmtheoretiker entsprechend zu würden und zu verstehen, warum ein Konzept des Filmischen bei Barthes darüber letztlich hinausweis, wird auch auf seine Schrift "Elemente der Semiologie" (1964) einführend zurückgegriffen. Ebenfalls wird bei Bedarf auf einschlägige Forschungsliteratur eingegangen. Das Seminar ist theorie- und lektüreintensiv und richtet sich an Studierende mit Interesse an ästhetischen, medien/filmphilosophischen und kultursemiotischen Fragestellungen. Die Lektüre wird ergänzt durch die Sichtung ausgewählter Filme (u. a. Eisenstein, Pasolini, Godard), in denen das Barthes’sche Verständnis des Filmischen exemplifiziert und hinterfragt werden kann. |