Kurzer Disclaimer vorab

Da ich in der Vergangenheit immer wieder das Gefühl hatte, sobald ich mich in Texten explizit autobiographisch äußere, direkt in eine bestimmte Box gezwängt zu werden – ein befremdlicher Kontrast zu Reaktionen auf meine fiktionalen Texte – sei dieser Absatz vorangestellt.

In diesem Text spreche ich über meine eigene Be_hinderung. Ich hoffe dennoch inständig, nicht darauf reduziert zu werden. Meine Erfahrungen sind nur einige unter vielen. Zudem sehe ich mich als kunstschaffende und poetologisch arbeitende Person und nur in Reaktion auf komplexe problematische Strukturen des Kulturbetriebs zusätzlich als Wissenschaftler*in. Im Status Quo der Gegenwartsliteratur gibt es einen Druck, sich autobiographisch in dann oft inflationär sogenannten „wichtigen“ Texten zu äußern. Hierarchisierungen dieser Art, auch implizite, die autobiographische und essayist*ische Texte über fiktionale stellen, möchte ich entschieden als problematisch und Ableismen reproduzierend kritisieren. Marginalisierte und in diesem Falle besonders disabilisierte Menschen sind keine homogene Gruppe. Wir sind nicht dazu da, damit ihr euch selbst beweihräuchern könnt. Wir sind nicht euer moralisches Gewissen oder eure Inspiration.[1]

„Ich wünsche mir Onlinelehre zurück“ scheint eine unpopuläre Meinung zu sein. Viele Menschen wirken froh darüber, Webkonferenzen (vorerst) hinter sich gelassen zu haben. Ironiefrei: Ich fände es geil, wenn ich mein Gehirn einfach an das eines anderen Menschen anschließen, mir mal eben ein paar Daten rüberziehen und exakt nacherfahren könnte, wie die jeweils andere Person Welt erfährt. Es würde Diskurse und die daraus resultierenden Lernprozesse und das Wechseln der eigenen Perspektive vermutlich sehr vereinfachen. Leider geht das nicht. Wir haben keinen Chip im Hirn. But wait, ich korrigiere mich sofort: Google, Facebook und Elon Musk versuchen sich auf dem Gebiet bereits.[2] Sorry, mein Fehler, ich vergaß mal wieder den Kapitalismus! Unterschätze niemals greedy Big Tech Companies. Wir haben, global gesehen, keinen Chip im Hirn. Und daher muss ich jetzt leider noch ein bisschen mehr und länger ausholen, um meine Perspektive und „unpopuläre Meinung“ zu erklären.

I.
Augen und Arbeit

Augen sind für mich der schwierigste Bereich des menschlichen Gesichts. Für viele Autist*innen ist Augenkontakt keine triviale Handlung, sondern mit besonderer Anstrengung verbunden, wie es auch Joanna Grace in einem Artikel für Disability Horizons beschreibt.[3] In der Präsenzlehre habe ich es immer mit mehreren Augenpaaren und verschiedenen anderen Reizen zu tun, die von Menschen, dem Raum und dessen Modalität ausgehen (z.B. Geräusche, Gerüche, Wärme/Kälte, vorbeifahrende Autos, Lichtreize, visuelle Muster, Farben usw.). Eine barrierefreie Lernumgebung ist für mich persönlich u.a. ein Raum, den ich an meine wechselnden Reizbedürfnisse (variierend je nach Stimmung, mentalen Kapazitäten usw.) anpassen kann. Ich kann die Stimulation meines Gehirns bis zu einem gewissen Grad selbst regulieren, ohne zu sozial inadäquat zu wirken: Wenn ich in einer Lehrveranstaltung exzessiv mitschreibe, heißt das oftmals, dass mir der Raum gerade zu überreizt ist und ich mich auf eine andere Handlung fokussieren muss, um besser zuhören zu können. Der Vorteil ist, dass ich dabei auditive Signale direkt in visuellen Text übersetze, den ich dann wiederum besser verarbeiten kann. Eine Art Untertitel.

Im Webkonferenzraum wird das Auge der Gegenübers geradezu cyborgian entangled[4] mit der eigenen Webcam, dadurch ersetzt und medial vermittelt.[5] Wir sind unsere Abbildung, aber gleichzeitig auch nicht. Für mich persönlich ist das deutlich leichter. Es fallen bestimmte soziale Signale und Reize weg, auch wenn hierbei besteht, dass (zu) viele Menschen gleichzeitig in meinem Blickfeld sind. Viele able-bodied und neurotypische Lehrende und Studierende haben sich ein Ende der Onlinelehre gewünscht und loben auch jetzt noch lautstark die Rückkehr zur Präsenzlehre. Disabilisierte Personen werden dabei meist nicht mitgedacht.

Auf der Website der US-Präsenz der Heinrich-Böll-Stiftung schreibt Hawken Miller zum Arbeiten im Homeoffice: „People with mental illnesses have more control over their environment and potential stressors“.[6] Das Homeoffice reduziere zudem Ableismus am Arbeitsplatz. Es erhöhe zwar die Partizipationschancen, würde aber auch aufgrund des oft mangelnden barrierefreien Designs von Software, Hardware usw. eigene Schwierigkeiten für disabilisierte Personen mit sich bringen.[7] Eine der im Artikel zitierten Erfahrungsexpert*innen (den Begriff erfuhr ich über einen Instagram-Post von Sirka Elspaß) ist Kam Redlawsk, die die Vorteile von Technologien betont:

„Technology is so important. People with disabilities are some of the biggest groups that greatly benefit from it […]. […] I see technology as a gateway to an able society, in a way. I’m not disabled when I’m using these types of devices.“[8]

Diese Aussage bringt auch einige meiner Erfahrungen auf den Punkt: Die von vielen beklagte Bildschirmzeit hilft mir, wortwörtlich mehr Augenhöhe herzustellen und die in der Realität stets nebenher existierende kommunikative Machthierarchie einzuebnen. Medial vermittelte Pixelaugen tun mir weniger weh.

Kristin Rau betont in der WirtschaftsWoche die bessere Vereinbarkeit mit Haushalt und Kindern durch Homeoffice.[9] Nicht nur Ableismus am Arbeitsplatz lasse sich durch die Arbeit von zu Hause aus reduzieren, sie schreibt außerdem:

„Viele Menschen würden ihre Behinderung, sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz immer noch verschleiern. Arbeitsmodelle, bei denen sie einen Großteil von zuhause erledigen können, empfänden sie als entlastend.“[10]

Zur nach wie vor bestehenden Trans*feind*lichkeit an Universitäten könnte ich an anderer Stelle eine ganze Menge schreiben, aber klar: Wenn ich meine Pronomen in einer E-Mail oder hinter meinem Namen in einer Webkonferenz angebe (was im übrigen cis Menschen auch stets tun sollten), werde ich eher richtig angesprochen als wenn mich fremde Leute in Präsenz im direkten Gespräch in der dritten Person misgendern. Ich weiß wirklich nicht, wie cis Leuten das passieren kann, mit einer Person zu sprechen und sich dabei trotzdem in der dritten Person auf sie zu beziehen, aber es ist mir schon mehrfach passiert.

Die Coronapandemie hat mit dem Homeoffice für disabilisierte Menschen endlich etwas ermöglicht, das vorher unmöglich schien:

„In vielerlei Hinsicht war die Pandemie ein Albtraum für chronisch kranke und behinderte Menschen, nicht zuletzt da diese mit höheren Infektions- und Todesraten durch Covid-19 konfrontiert sind. Doch es gab auch einen kleinen Lichtblick: Nun, da etliche Arbeitgeber[*innen] plötzlich gezwungen waren, die Arbeit im Home Office zu ermöglichen, war bewiesen, dass es in vielen Branchen tatsächlich problemlos möglich ist, von zu Hause aus zu arbeiten.“[11]

– Sagt etwa Courtney Felle in einem Gespräch mit Fortesa Latifi für Business Insider. Dass viele (nicht-be_hinderte) Menschen mittlerweile wieder „Normalität“ einfordern, besorge Felle, da they die Gefahr sehe, dass für die Teilhabe wertvolle accommodations bzw. Alltags- und Arbeitserleichterungen wieder zurückgenommen würden:

„Besonders die vergangenen Monate der Pandemie waren für mich als chronisch kranke Person anstrengend. Plötzlich war da wieder dieser Drang von außen, ,zurück zur Normalität’ zu kommen und fünf Tage in der Woche im Büro zu verbringen. Es gibt jedoch Tage, an denen ich aufwache und sofort merke, dass ich heute nur begrenzt Energie habe. Warum sollte ich einen Teil dieser kostbaren Energie für den Weg zur Arbeit verschwenden? […] Während die Menschen darauf drängen, einen gewissen Grad an ,Normalität’ zurückzuerlangen, mache ich mir Sorgen, dass die Vorkehrungen, an die ich mich gewöhnt habe – virtuelle Veranstaltungen, Home Office und digitale Arbeitsmaterialien – verschwinden werden.“[12]

Für mich war die Zeit der Onlinelehre auch aufgrund der Alltagsplanung entspannter. Als ich nach meinem B.A. vor der Bauhaus-Universität Weimar an der Universität Erfurt studierte und wegen Geld- und Wohnraummangel auf einen umgebenden Wohnort ausweichen musste, war die Phase der Onlinelehre in Teilen des Wintersemesters 2021/22 der entspannteste Part meines Studiums dort, auch weil ich dafür nicht pendeln musste. Gerade an den Tagen, an denen meine psychische Gesamtverfassung instabil ist, entlastet mich das. Ein Nachteil der Onlinesituation war aber auch für mich, dass Kennlern- und Einführungsangebote komplett entfielen – in diesem sozialeren Bereich gilt es sicherlich weiterhin Tools, Formate und Methoden zu erproben, damit digitale Räume, denen in der sogenannten echten Welt ebenbürtiger werden können. Gleichzeitig muss ich  klar formulieren, dass sich disabilisierte Menschen nicht immer zu Hause „verstecken“ sollten. Das Ziel sollte eine anti-ableist*ische und barrierefreie Gesellschaft sein, in der wir nicht mehr behindert, sondern die individuellen Bedürfnisse disabilisierter Personen immer und selbstverständlich berücksichtigt werden. Räume und Gebäude müssen auf sozialer wie architekt*onischer Ebene dahingehend designt werden, dass wir überall bedingungslos partizipieren können.

Zum Thema Autismus-Spektrum und Arbeitswelt empfehle ich Konrad Wolfs Zeit-Artikel Worauf es Menschen im Autismus-Spektrum am Arbeitsplatz ankommt, in welchem es u.a. heißt:

„Vorgesetzte sollten die Möglichkeit von Homeoffice-Zeiten anbieten. So können sich autistische Angestellte von den Reizen im Büro erholen und ihnen bleibt der Fahrtweg erspart, der vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln eine zusätzliche Reizüberflutung mit sich bringt.“[13]

Für mich macht es kaum Unterschied, ob ich mich im Zug oder in einem Universitätsgebäude befinde; ich unterscheide lediglich zwischen „Zeit in meiner Wohnung“ und „Zeit außerhalb meiner Wohnung“, wobei erstere immer die erholsame Zeit, um meine Batterie(n) und spoons[14] aufzuladen, ist.

Die Lehrveranstaltung, an die ich mit die besten Erinnerungen meiner gesamten Studienzeit habe, fand während der pandemiebedingten Onlinelehre statt, im Sommersemester 2020 an der Universität Hildesheim; und zwar Dr. Volker Wortmanns Vorlesung Einführung in die digitale Medienkultur. Die Lehrveranstaltung bestand aus Videopodcasts, die wöchentlich geteilt wurden. Das war für mich Peak (Online)Lehre, in einem Format, das nur digital funktioniert, ideal für die digitale Lehre konzipiert zu sein scheint. Wir Studierenden konnten die Zeit über den Verlauf der Woche frei einteilen, ohne auf einen festen Stundenplan fixiert zu sein. Die Laufzeit des jeweiligen Videos war einsehbar und die Planung dementsprechend vereinfacht; für mich hat das hervorragend funktioniert. Die radikale Loslösung von festen Stundenplänen, die freie Wahl von Lehrveranstaltungen über feste Zeitslots hinaus, wäre mein Wunsch an alle Universitäten: Inhalte auf Abruf, wann es gerade zu unserem Leben außerhalb der Universität passt. Courtney Felle sagt zu Flexibilität im Arbeitsleben:

„Ich habe gesehen, dass viele Arbeitgeber[*innen] hybride Arbeitszeiten anbieten, bei denen Mitarbeiter[*innen] zwei oder drei Tage pro Woche ins Büro kommen und dann den Rest der Woche zu Hause arbeiten. Chronisch kranke Menschen und Menschen mit Behinderung benötigen jedoch mehr Flexibilität als das. Wenn ich morgens mit einem Schmerzschub oder starker Müdigkeit aufwache, möchte ich mich dazu entscheiden können, an diesem Tag von zu Hause aus zu arbeiten, ohne dass dies ein Problem darstellt. […] Ich hoffe, dass chronisch kranke und behinderte Menschen langfristig die Möglichkeit erhalten, so zu arbeiten, wie es den Bedürfnissen ihrer Krankheiten gerecht wird, anstatt sich in Zeitpläne und Strukturen zu zwingen, die ihre Erkrankungen verschlimmern.“[15]

Mindestens das sollte genauso auch für Universitäten gelten.

II.
Das Kind im Ohr

Und nun zu etwas völlig anderem: Werbung. Wenn ich an die Verknüpfung von Menschen mit Technologie denke, dann ist mein Gehirn bedauerlicherweise sehr schnell bei der Werbekampagne „Ich hab ein KIND im Ohr“[16] der Werbeagentur Zum goldenen Hirschen, die ich so ca. 2010, damals selbst noch 1 Kind, sehr oft gesehen haben muss. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich oftmals sehr visuell denke (keine Seltenheit bei Menschen im Autismus-Spektrum) und ich den Gedanken eines wortwörtlichen Kindes im Ohr stets interessant fand. In diesem kurzen Werbeclip sagen die Personen vor der Kamera mehrfach entweder den markanten Satz „Ich hab ein KIND im Ohr“[17] oder beschreiben, wie das Hörgerät ihr Hören verbessert habe. „Das Besondere: Die Testimonials der Kampagne sprechen ohne inhaltliche Vorgaben über ihre persönlichen Erfahrungen mit Hörschutz oder Hörgeräten und wie gutes Hören Ihr [sic!] Leben bereichert hat“,[18] heißt es in der Videobeschreibung.

Es ist ironisch, weil das für mich eine künstlich-harmonische Überinszenierung ist, die einer bestimmten Zielgruppe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens höheren Alters zugeordnet werden könnte. Bemerkenswert daran ist, dass zahlreiche unscheinbare Geräusche im Detail geradezu poetisch beschrieben werden, die sie ohne das technische Hilfsmittel nicht hören könnten; eine erweiterte Wahrnehmung. Ich wüsste nicht, ob ich „startende Albatrosse“[19] (WTF eigentlich!) bei gutem Hörvermögen überhaupt hören könnte.

Für mich verkörpert diese Werbung[20] par excellence den ambivalenten Medienbegriff der Prothese.[21] Sybilla Nikolow schreibt in Technikanthropologie: Handbuch für Wissenschaft und Studium zum Begriff der Prothetik:

„In den gängigen Grundfiguren des Mensch-Maschinen-Verhältnisses, die seit der Industrialisierung in der Selbstwahrnehmung des Menschen als Mängelwesen und der Vorstellung von einer partiellen Ersetzbarkeit des Menschen durch Maschinen bzw. Technik bestehen […], nimmt die Prothetik eine interessante Zwischenrolle ein, die vermutlich noch weiter an Bedeutung gewinnen wird. […] Die Prothetik ist dabei dem Körper immer näher gekommen und die Schnittstelle zwischen Mensch und Technik hat sich mit ihrer Miniaturisierung und Digitalisierung zunehmend unter die Haut verschoben […].“[22]

und:

„Prothesen sind aber keine gewöhnlichen Artefakte. Sie lassen sich als Anthropofakte […] verstehen, die für die Anwendung am Menschen konstruiert sind. Obwohl künstlicher Natur werden sie nach ihrer Anpassung mehr oder weniger als Teil des Körpers und seiner Identität wahrgenommen und anerkannt.“[23]

Neben dem hier auftauchenden Begriff des Anthropofakts, erscheinen mir u.a. die Begriffe Cyborg, Kybernetik und Enhancement für das Abstecken des Feldes sinnig zu sein.[24] Dazu möchte ich auch verweisen auf den Videoessay Transhumanism: „The World’s Most Dangerous Idea“, in dem Abigail Thorn einige Beispiele für Prozesse, die durch technische Erzeugnisse für Menschen ermöglicht werden sowie Auswirkungen von technischen Erzeugnissen auf die Lebensrealität von Menschen benennt: Etwa die Entscheidung zur Kontrazeption mit Hilfe von Verhütungsmitteln, die Auswirkungen des Designs von Social Media Plattformen auf das Verhalten ihrer User*innen, Schönheitsoperationen oder gender transition.[25] Unter Bezugnahme auf Martin Heidegger (zu dem sie die „geheime“ Information, dass er ein Nazi war, zunächst in einem Umschlag verwahrt) und Edmund Husserl (der übrigens im Nationalsozialismus seine Lehrerlaubnis verlor[26]) beschreibt sie zudem anhand eines Hammers, dass im Nutzungsprozess das Werkzeug hinter seiner Funktion (des Nagelns) verschwindet, genauso wie etwa eine Computertastatur beim Schreiben (eines eject-Blogbeitrags) aus der Wahrnehmung verschwindet, in den Hintergrund rückt, und uns erst wieder gewahr werde im Falle der Nicht-Funktionalität.[27] (Etwa, wenn ich vergessen habe, meine Tastatur vor mir auf meinem Schreibtisch[28] anzuschalten, um die USB-Verbindung herzustellen.) Die technischen Werkzeuge und Hilfsmittel werden im Nutzungsprozess zu natürlichen Erweiterungen des menschlichen Körpers. Wie ein Hörgerät, das erst hervortritt, wenn es zu laut oder zu leise eingestellt ist, oder meine Brille, die erst dann als Gegenstand wahrnehmbar wird, wenn ich ohne sie nicht mehr viel sehen kann oder wenn sich irgendwelches Zeug darauf befindet und die Sicht dadurch unklarer wird.

Der von Thorn angeführte Hammer lässt sich auch nach Ernst Kapp als Organprojektion der menschlichen Faust verstehen. Jutta Weber schreibt in ihrem Text MenschMaschine, dass Marshall McLuhan die Theorie der Organprojektion weiterentwickelte,[29] wohingegen Harun Maye und Leander Scholz Kapps Organprojektion als „fälschlicherweise als Vorläufer der Prothesentheorie im Sinne von Sigmund Freud oder Marshall McLuhan“[30] rezipiert verstehen. Diese unbewusste Organprojektion von Funktionen des menschlichen Körpers auf die menschengemachte Technik würde den Menschen umso mehr mit der Natur verbinden, so Lorenz Engell.[31] In mancherlei Hinsicht lässt sich die Webcam mit dem menschlichen Auge vergleichen. Und wenn wir das Video-Abbild im digitalen Raum der Konferenz als eine Art Avatar beschreiben („Der Avatar ist ein[*e] grafische[*r] Stellvertreter[*in] des[*der] Spieler[*in], seine[*ihre] semiotische Prothese […]“,[32] wie es Klaus Bartels anhand von McLuhan ausführt), dann brauchen wir nicht explizit ludisch angelegte Webkonferenztools wie gather.town zu betrachten, um auch „herkömmliche“ digitale Konferenzräume in Bezug auf menschliche Erweiterungsmetaphern hin zu digitalen Cyborgs zu denken. In Anbetracht dessen, dass Menschen spezielle Zoom-Filter und Zoom-Hintergründe verwenden, um das eigene Abbild digital zu inszenieren, ist die Rede vom Avatar durchaus berechtigt.[33]

Bianca Westermann schreibt in Prothese oder Cyborg? Zur kulturellen Aktualität des Verhältnisses von Technik und Körper,dass Prothese und Cyborg „offenbaren, wie Körper und Maschinen innerhalb unserer Kultur gedacht werden können“[34] und gar auf dieselbe Idee abzielten:

„So erwecken hochentwickelte Prothesentechnologien, wie z. B. chipgesteuerte Bein- oder myoelektrische Armprothesen, die Idee, dass die Utopien des Cyborg-Konzepts in naher Zukunft real werden könnten.“[35]

Westermann stellt heraus, „dass nicht jedes ersetzte Körperteil als Prothese gewertet wird“[36] (so nennt sie etwa künstliche Zähne; ich selbst habe auch irgendwo eine Zahnfüllung und vergesse andauernd, dass dem so ist) und dass eben die Brille aufgrund der hohen Anzahl an Brillenträger*innen „kulturell akzeptiert“[37] sei und gar nicht mehr als Prothese angesehen werde. Zur „metaphorische[n] Aufladung des Prothesenbegriffs“[38] in den Kulturwissenschaften problematisiert sie dessen potenziell grenzenlosen Gebrauch für jedes erdenkliche Tool als irgendeine Erweiterung des Menschen.[39] Dies schade sowohl Prothese als auch Cyborg.[40] Unter Bezug auf Vivian Sobchack formuliert Westermann:

„Als Gegentendenz zu einer grenzenlosen Ausweitung der Prothesenmetapher appelliert Sobchack dafür, die Prothese gleichzeitig als konkretes, gelebtes Artefakt wie als kulturelles Konzept, das im Körper verortet ist, zu denken.“[41]

Wie es auch Karin Harrasser ausführlich tut,[42] schreibt Westermann außerdem zu Oskar Pistorius’ Prothesen, die sie als Prothese-Cyborg-Grenzfall einordnet.[43] Die Paralympics bieten sich für derartige Überlegungen sicherlich an, können aber auch als inspiration porn[44] für die able-bodied Mehrheitsgesellschaft kritisiert werden, was Harrasser in Körper 2.0: Über die technische Erweiterbarkeit des Menschen indirekt mit einem Zitat von Niko von Glasow umschreibt.[45] Sie fragt dort außerdem:

„Wenn Medien also keine Prothesen sind, weder im Sinne einer notwendigen Erweiterung einer mangelhaften Physis, noch im Sinne einer Fortsetzung der Evolution mit anderen Mitteln, wie können wir sie verstehen?“[46]

Was mich persönlich am Begriff der Prothese stark stört, ist vor allem, dass er in den allermeisten Fällen unter Exkludierung von Personen stattfindet, die tatsächlich eine Prothese haben. Und ich würde da Theoretiker*innen wie McLuhan, der eh für seine u.a. Rassismen und Sexismen reproduzierenden, mitunter äußerst fragwürdigen Thesen zu kritisieren ist und was auch in McLuhan-kritischen Publikationen passiert, durchaus Ableismus vorwerfen. Die Prothese sollte nicht als billige Metapher von able-bodied Personen der Medien- und Kulturwissenschaft missbraucht werden, ohne zumindest eine Awareness zu haben für die Existenz von Menschen mit gelebter, konkreter Erfahrung einer solchen. Um einen Slogan aus dem Kontext von Disability Justice Movement und Neurodiversitätsbewegung zu referenzieren: Nothing about us without us.

Vivian Sobchack, auf die sich ja ebenso Bianca Westermann bezieht, beginnt das neunte Kapitel ihres Buches Carnal Thoughts: Embodiment and Moving Image Culture mit dem Transparent-Machen ihrer linken Beinprothese, die für sie ganz normaler, unaufregender Alltag und keine aufgeladene und mystifizierte Metapher ist, wie sie sich ihr zufolge bei zahlreichen Theoretiker*innen im medienkulturwissenschaftlichen Diskurs finde.[47] Dennoch schreibt sie in Bezug auf die Verwendung als „sexy, new metaphor“[48]: „It is […] not my aim here to hobble flights of scholarly or artistic imagination and deny them the freedom of mobility that I have come to dearly cherish“.[49] Sie fasst ihr Anliegen wie folgt zusammen: „Perhaps a more embodied ‚sense-ability‘ of the prosthetic by cultural critics and artists will lead to a greater apprehension of ‚response-ability‘ in its discursive use“.[50] Sobchack kritisiert nicht nur die fehlenden „prosthetic realities“[51] in den Diskursen oder dass der prothetische Mensch als unvollständig theoretisiert werde,[52] sondern auch dass die Metapher schlichtweg falsch verwendet werde. Sie würde „agency from human to artifact“[53] verschieben, was überhaupt nicht zu den oft technologie-kritischen Gesamtargumentationen passen würde. Für Sobchack trete die Prothese als einzelnes externes Objekt nur in ihrer Fehlfunktion hervor oder wenn sie mit gesellschaftlichen Barrieren konfrontiert sei[54]: Ihre Beinprothese ist in ihrer Wahrnehmung im Gegensatz zur Darstellung in den wissenschaftlichen Diskursen ein natürlicher Teil ihres Körpers.[55] „I tend to locate my difference and variety elsewhere than my legs and just want to get on with things both mundane and extraordinary“.[56]

Sie beschreibt zudem als „technofetishism and technoanimism“,[57] wie in der Fantasie einiger Theoretiker*innen das künstliche Bein dann ihre Tanzschritte steuern würde, so wie die Schuhe im Märchen die Tänzer*innen zum Tanzen zwängen (sie führt dort Die roten Schuhe von Hans Christian Andersen an, ähnliche Bilder finden sich aber auch etwa in Die zertanzten Schuhe der Gebrüder Grimm oder gar in Wilhelm Hauffs dem deutschen Orientalismus zuzuordnenden Fantasien wie Die Geschichte vom kleinen Muck (zu u.a. Ableismen und Rassismen darin ließe sich an anderer Stelle schreiben)). Mit der Realität habe das hingegen nichts zu tun.[58] Außerdem fragt sie sich, ob die von ihr genutzten Krücken in der Zeit nach ihrer Beinamputation „‘hold up’ in today’s high-tech prosthetic imagination“.[59]

Um diesen Textabschnitt zu schließen, würde ich gern davon ausgehend auf einen digitalen Talk eingehen, der im Sommersemester 2021 an der Universität Hildesheim im Rahmen des Projektsemesters stattfand. In Körper der Zukunft? Cyborgs, Dis_abled und andere Normale. Kunst und Kultur von allen für alle? spricht Tanja Erhart über ihre Tanzpraxis mit Krücke. Sie sagt, dass die Krücke ihren Körper zu „drei Beinen“[60] erweitern würde und dass sie in ihrer Performance j_e_n_g_a zusammen mit Katharina Senk herausfinden wollte „wie die Krücke uns bewegt anstatt wie wir die Krücke bewegen können“.[61] Damit also quasi eine Erfüllung der Fantasien der Theoretiker*innen im empowernden theatralen Spiel. Erhart hält zudem noch einmal fest, um auf den ersten Abschnitt dieses Textes zurückzukommen, dass es in der be_hinderten Community bereits viel Wissen um Isolation und die strukturelle Unmöglichkeit gebe, vor der Pandemie an Konferenzen von zu Hause aus teilzunehmen.[62] Zugehört wird be_hinderten Personen mit bestimmtem aus gelebter Erfahrung erwachsenem Wissen, was ja ebenso die Notwendigkeit von Vivian Sobchacks Kritik aufzeigt, allerdings meist nach wie vor nicht.

III.
How do you convert PDF to brain cell? I don’t know.

Das Internet hat meine Aufmerksamkeitsspanne – ich möchte nicht sagen ruiniert – ich sage: verändert. Ich lese heute kaum noch, wenn ich nicht „muss“ (oder ich in meiner Freizeit gezielt etwas wissen oder zitieren möchte etc.), unter anderem aus dem Grund, weil ich häufig sehr lange dafür brauche und mich regelmäßig dabei unterbreche. Kurzum: Ich lese nicht mehr gern, die Tätigkeit des klassischen Lesens hat für mich im Vergleich zu früher an Reiz verloren, auch wenn bestimmte Bücher das vielleicht wieder erwecken können. Als ich anfing zu lesen, und die Welt sich noch unhektisch anfühlte, eine kleine rosarote und natürlich absolut falsche Erinnerungsverzerrung, habe ich zwischen Schuljahr 3 und 6 sämtliche Werke einer populären Fantasyreihe einer britischen Multimillionärin, die in den letzten Jahren vor allem mit trans*feind*lichen Aussagen hervortrat, lesen können, und dazwischen auch noch alles mögliche andere. Aber hey, ich habe dafür jetzt immerhin ein Leben, und damit keine Zeit mehr für solche Lektüremarathons. Spätestens seit Beginn meines Studiums vor Ewigkeiten kam ich überhaupt nicht mehr zu privater Lektüre nebenbei, schon gar nicht Belletristik. Was absurd erscheinen mag, wenn mensch Literatur studiert(e). Ich lese heute nur noch auf Deadlines hin und eben am besten sehr klein portioniert. Bestenfalls noch mit zusammenfassender TL;DR versehen. In meinem ersten B.A.-Semester versuchte ich noch, alle Texte für alle Lehrveranstaltungen immer ganz gelesen zu haben. In Anbetracht dessen, dass ich mir damals mega motiviert gleich mal zwölf Veranstaltungen in meinen Stundenplan donnerte, war das eine ganze Menge Lesestoff, selbst in einem künstler*isch-praktischen Studium. Das hatte zwar den netten Nebeneffekt, dass ich nach dem zweiten Semester mehr chillen konnte, allerdings war der Preis dafür hoch und nur mit äußerster Selbstdisziplin und auf Kosten von so gut wie allem anderen zu bewältigen. Und ohne das „PDF-TikTok von Moodle“,[63] das Jonas Böddicker in seinem Kommentar im Mai kritisierte, wäre ich vermutlich schon im ersten Semester kollabiert. Gerade das hat mich im Studium gerettet. Bei der Erwähnung vom PDF muss ich passend dazu immer sofort an Umlalas Single My Pdf Files denken: „My world is a document / I can put it in a disc on key / It’s my key to the world“[64]. Das dazugehörige Musikvideo ist Retrofuturismus voller technischer Körpererweiterungen und wäre sicherlich auch eine eigene Analyse wert[65]. Für mein Studium waren PDFs jedenfalls immer mein Schlüssel zum Gate der kleinen akademischen Welt.

James Tapper definiert Quiet Quitting im Arbeitsalltag in einem Artikel für The Guardian (nicht hundertprozentig unironisch) wie folgt:

„Rather than working late on a Friday evening, organising the annual team-building trip to Slough or volunteering to supervise the boss’s teenager on work experience, the quiet quitters are avoiding the above and beyond, the hustle culture mentality, or what psychologists call ,occupational citizenship behaviours’. Instead, they are doing just enough in the office to keep up, then leaving work on time and muting Slack. Then posting about it on social media.“[66]

Aha, Lohnarbeitende scheinen sich literally auf die Basics eines gesunden Arbeitsverhältnisses zurückzubesinnen. Was für ein überaus interessanter und neuer Trend! I’m joking, I’m being silly and goofy,[67] of course. Aber ich finde, es sollte berechtigterweise (wieder) zu einer Selbstverständlichkeit werden, sich bei Arbeit, deren initiale Motivation, um sie überhaupt erst anzunehmen, das bloße Verdienen von Geld zum Lebensunterhalt/-erhalt war, nicht überzuinvestieren. Heißt: Das machen, wofür gezahlt wird, und dann Feierabend. Für mich der absolut traurigste Arbeitsmodus, aber ich würde in Anbetracht der zahlreichen „Bullshit Jobs“[68] auch dafür plädieren, go for it, wo es geht.

„Eine innere Kündigung sei […] immer auch Ausdruck eines Fehlers im System […]“,[69], schreibt Robert Hofmann in einem Vice-Artikel zum Thema. Ich würde dem folgend argumentieren, dass das momentane System Universität sehr zu akademischem Quiet Quitting[70] einlädt, es geradezu notwendig macht. In Wissenschaft oder Dummheit?[71] spricht Alex Demirović davon, dass im Zuge neoliberaler Agenden seit den 1990ern Hochschulen „zu Dienstleistungsunternehmen umgebaut werden“.[72] Er beschreibt in einer wie ich finde sehr zutreffenden Passage, bei der ich mich auch selbst sehr ertappt fühlte, den heutigen Universitätsalltag voll von Zeit- und Vorbereitungsmangel und daraus resultierender Nichtbeteiligung von Seiten der Studierenden, die zu falschen Darstellungen etwa in Referaten führe („Wollten die Dozierenden alles richtigstellen, müssten sie lange monologisieren“[73]), aber auch die Arbeitsüberlastung auf Seiten der Dozierenden.[74] Für Demirović seien universitäre Wissenschaftler*innen heute gar „Manager[*innen] und Funktionär[*innen] eines aufreibenden Lehr- und Lernbetriebs […], der mit weniger Personal mehr Studierende mit geringerem Interesse, weniger Geld und Studienzeit für wissenschaftliche Inhalte interessieren soll“.[75]

„Für die Studierenden sind Hochschullehrer[*innen] eher Lehrer[*innen], mit denen sie wie an der Schule eine Art pädagogischen Krieg führen. Es geht darum, dem übermächtigen
Druck auszuweichen und die vielen Leistungsnachweise zu erlangen, dabei aber die Leistungsabgabe gering zu halten, weil so viel in so kurzer Zeit zu tun ist.“
[76]

In meiner Wahrnehmung überhöhen viele Dozierende ihre eigene Lehrveranstaltung und schätzen dabei die (Lebens-)Zeit ihrer Studierenden nicht; erst Recht tut das das veränderungsbedürftige System „Universität“ nicht, das Studierende in möglichst kurzer Zeit zu effizienten und produktiven Lohnarbeiter*innen ausbilden soll, aus denen möglichst schnell wieder Gewinn heraus zu optimieren ist. Das ist natürlich ein systemischer Fehler, aber an den bedauerlichen Status Quo sollten sich Lehrende nun einmal anpassen und nicht so tun, als hätten Studierende alle Zeit der Welt für die jeweilige Lehrveranstaltung. „Es fehlt auf allen Ebenen an Zeit für Diskussionen, an Ruhe für geduldiges Arbeiten“,[77] so Demirović zum Gesamtzustand.

Be_hinderung ist damit nur schwer vereinbar. Ich sage mir oft: Ich habe genug zu tun, ich brauch nicht auch noch zu studieren nebenbei, vor allem wenn ich nicht dafür bezahlt werde, sondern selbst dafür bezahle. Es heißt zwar immer, dass für ein Vollzeit-Studium eben Abstriche gemacht werden müssten, aber gerade als irgendwie Künstler*in kann ich nicht einfach nur Theorie in mich hineinstopfen und dabei die eigentliche künstler*isch-praktische Arbeit, die sicher kein ausgeglichenes Arbeitszeit-Profit-Verhältnis hat, vernachlässigen. So funktioniert das für mich nicht. Und gerade ein Studium hat für eine neurodivergente Person in einer strukturell in sämtlichen Bereichen ableist*ischen, saneist*ischen und neuronormativen Gesellschaft physisch, psychisch und emotional noch einmal größere Anforderungen als für Menschen, die nicht be_hindert werden. Kunst ist auch Self Care. Alles, was Self Care ist, wird zwangsweise in einem durchoptimierten Studiensystem herausoperiert.

Dass ich Lehrveranstaltungen belege, war bisher oft ein starker Kompromiss. Im Regelfall haben mich an den drei Universitäten, an denen ich bisher studierte, die Inhalte kaum angesprochen und dann hieß es: Regelstudienzeit schaffen vs. auf interessantere Inhalte in den kommenden Semestern warten. Dabei würde ich für mehr Vereinbarkeit zwischen „privaten Projekten“ und „Projekten für die Universität“ plädieren. (Kunst-)Studiengänge sind oft systemisch übergriffig, da im Konstrukt einer vermeintlich erstrebenswerten und belohnenden kreativen Selbsterfüllung in die eigene Freizeit und das Wochenende eingegriffen wird, für unheimlich viel Stuff, der dich ggf. eher nur so semi interessiert. Wenn ich mal nicht meine Wochenenden und „„„SeMEstErFeRieN“““ für universitäre Deadlines benoteter Projekte oder Pflichtpraktika nutz(t)e, prügel(t)e ich mir stets Hausarbeiten, Essays, autopoetische Reflexionen und dergleichen aus meinen Handgelenken. In meiner gesamten Studienzeit hatte ich nie Urlaub, ich bin nie verreist, hatte kein Auslandssemester (konnte ich mir nicht leisten) und konnte nur äußerst selten länger als vereinzelte Tage überhaupt von mit Studium und Universität verbundenen Prozessen und Leistungen/Abgaben/Deadlines abschalten. Das ist eine gefährliche, inhärent kapitalist*ische Falle, da Erholung und die vermeintlich als „Lohn“ ausreichende kreative Erfüllung gegeneinander ausgespielt werden. Carolin Amlinger beschreibt das sehr präzise in ihrer bemerkenswerten Dissertation Schreiben. Eine Soziologie literarischer Arbeit in Bezug auf den Literaturbetrieb, unter anderem an folgender Stelle:

„Der literarische Akt der Schöpfung ist ein Moment des kreativen Experimentierens, der strukturellen Offenheit; er entzieht sich der Standardisierung und Objektivierung der auf Massenproduktion und Massenkonsum[78] ausgerichteten Warengesellschaft. […] Literarisches Arbeiten stellt sich dar als ein Gegenentwurf zur entzauberten und entfremdeten Lohnarbeit, als das Versprechen einer sinnhaften Tätigkeit, die um ihrer selbst willen ausgeübt wird. Schreiben […] ist Arbeit und mehr als Arbeit.“[79]

Im Alltag ist oft die Rede vom Privileg kunstschaffend tätig zu sein oder vom Privileg studieren zu dürfen im Vergleich zur Alternative jener „entfremdeten Lohnarbeit“,[80] die demnach keine inhärent sinnhafte Tätigkeit wäre, die um ihrer selbst willen ausgeübt werde. Obwohl letzteres stimmt, glaube ich, dass spezifisch das Moment mit dem vermeintlichen Privileg zu kurz gedacht ist und berücksichtigt individuelle Herausforderungen und die eigentliche (prekäre) Lebensrealität Kunstschaffender und allgemein Studierender (immer gebunden an den späten Kapitalismus bzw. nie von den übergeordneten ökonomischen Lebensbedingungen trennbar) nicht. Das alles ist auch anstrengend; Kunst ist auch Arbeit, studieren ist auch Arbeit. Und zugleich eben mehr als Arbeit, in die Freizeit und die Work-Life-Balance eingreifend.

Ich selbst werde zum Spiegel der Effekte vorschriftsmäßiger Regelstudienzeit auf die mentale Gesundheit. Ich fühle mich, als hätte ich überall nur Halbwissen und überhaupt nichts gelernt. Mein selbst zusammengestellter Stundenplan führt zu Inhalten, die nur selten aufeinander aufbauen, aber dennoch häufig Wissen voraussetzen, dass ich noch nicht erlangt zu haben scheine. Trotzdem bin ich überarbeitet. Eine gute Studiensituation ist das nicht.

Für mich hat sich mein Umgang mit dem System Universität im Vergleich zum ersten B.A.-Semester drastisch verändert: Damit ich nicht kollabiere[81] setze ich mir seit einiger Zeit ganz gezielte Zeitrahmen für die Seminarlektüren, usw. Alles, was ich in diesem (bereits stets ungesund großzügig gesetzten, Erholung und vor allem die Erholung die ich als disabilisierte Person eigentlich bräuchte eher vernachlässigenden) Zeitrahmen nicht schaffe (und das ist manchmal trotzdem noch einiges), bearbeite ich nicht, weil ich nicht mehr kann. Für jeden einzelnen Tag, an dem ich „unter Leuten“ bin, bräuchte ich eigentlich zum Ausgleich wieder ein bis zwei Tage Erholung. Overload hin zum Meltdown, stärkere Probleme mit executive dysfunction und Dissoziation können in meinem Falle Folgen von u.a. andauernder Reizüberflutung (damit meine ich für mich explizit nicht medial vermittelte Reize) und vom Vorkommen unerwarteter Ereignisse sein, bei insgesamt ungenügender Erholung. Das sind dann die spoons, die mir fehlen, um an anderer Stelle vermeintlich selbstverständliche alltägliche Dinge zu tun wie das Haus verlassen, einkaufen oder generalisierte Reinigungstätigkeiten. I am quiet quitting academia. Und das ist okay.

Irgendwann zu Schulzeiten habe ich einmal die Position gehört, dass Hausaufgaben eine Konsequenz der Fehlplanung der Unterrichtszeit durch die Lehrkraft sind. Eine gute Lehrkraft schafft die Vermittlung der Unterrichtsinhalte innerhalb des Rahmens, ohne darüber hinaus durch Hausaufgaben in die Freizeit der Schüler*innen einzugreifen. Dasselbe sollte an der Universität gelten (nicht nur deshalb finde ich das sinnvollste Lehrformat die Vorlesung). Krass ist es, wenn Studierende, auch wenn ich das für mich persönlich für absolut nicht vertretbar, allerdings verständlich halte, aufgrund des überlastenden Arbeitspensums im systemischen Status Quo Ghostwriter*innen für ihre akademischen Arbeiten beauftragen, wie es etwa Thomas Wingenfeld auf CNET schreibt.[82]

Also ja: Solange das System Universität noch so besteht, wie es eben gerade besteht, plädiere ich für „PDF-TikTok“ (ich könnte darauf entgegnen: „check your privilege“, was ich allerdings für eine problematisch verkürzende wie unpräzise Phrase halte; stattdessen sage ich: ich fände alles andere keine für mich moralisch vertretbare Position). Für kleine Lektüren, die das Privat- und (neben)berufliche[83] Leben von Studierenden nicht vernachlässigen, sondern aktiv berücksichtigen. Für kleine Lektüren, die auch für u.a. neurodivergente und/oder disabilisierte Studierende (mit ggf. Leseschwäche, Konzentrationsschwierigkeiten usw.) zu managen sind. Selbst wenn das unter den momentanen Umständen zwangsläufig „kalt[e], neoliberal[e] Halbbildung“[84] sei. Wenn ich auf den Geschmack gekommen bin und Kapazitäten dafür habe, kann ich dann ja trotzdem weiterlesen. Fatal finde ich es nur, wenn Studierenden lauter (implizit oder explizit) verpflichtende Lektüren aufgebürdet werden, bis sie darunter zu ersticken drohen.

Wenn das PDF ersetzt werden sollte, dann am ehesten, und sehr gerne, durch Videopodcasts. Und wenn wir die Videopodcasts dann noch mit dem eingangs erwähnten Chip im Gehirn zu einer Lernsituation mittels Gedankentransfer weiter imaginieren, um die Klammer nun zu schließen, dann kämen wir wohl zu einer ähnlichen Konstellation, wie sie in René Laloux’ Der phantastische Planet (ein Film, in dem eine Gruppe entflohener Queers am Ende Cisheterosexismus zerstört ähm oder so ähnlich) von 1973 anzutreffen ist: Mittels einer Art Kopfhörer lernen die Charaktere darin eben tatsächlich durch (Video)Podcasts, das Wissen wird sofort und für immer im Gedächtnis gespeichert, visualisiert durch Filme in den Köpfen. Ich träume von derartigem Filmtransfer für die (e)utopische Universität der Zukunft.


[1]     Siehe dazu Stella Youngs TedTalk in Fußnote 44. Eine bspw. interessante Passage zu einer Fetischisierung des Adelbert-von-Chamisso-Preises durch weiße* Personen und weiße* Strukturen des Literaturbetriebs findet sich in: Amlinger, Carolin (2021): Schreiben. Eine Soziologie literarischer Arbeit. [Dissertation am Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt] Suhrkamp Verlag, Berlin 2021.

[2]     Vgl. Indset, Anders (2021): Etwa 30 Menschen haben ihn schon: Kostet uns ein Chip im Gehirn die Menschlichkeit? In: www.focus.de. URL: https://www.focus.de/wissen/mensch/bewusstes-bewusstsein-kostet-uns-chip-im-gehirn-die-menschlichkeit_id_13447563.html [letzter Aufruf am 16.11.2022, 18:49 Uhr].

[3]     Vgl. Grace, Joanna (2022): Misconceptions about autism: 3 myths about eye contact with autistic people. In: www.disabilityhorizons.com. URL: https://disabilityhorizons.com/2022/03/misconceptions-about-autism-3-myths-about-eye-contact-with-autistic-people/ [letzter Aufruf am 14.11.2022, 15:51 Uhr].

[4]     Vgl. u.a. Bergsdóttir, Arndís (2017): Cyborgian entanglements: post-human feminism, diffraction and the science exhibition Bundled-up in Blue. In: www.researchgate.net. URL: https://www.researchgate.net/publication/313271895_Cyborgian_entanglements_post-human_feminism_diffraction_and_the_science_exhibition_Bundled-up_in_Blue [letzter Aufruf am 17.11.2022, 00:10 Uhr] und Haraway, Donna J. (2016):Staying with the Trouble: Making Kin in the Chthulucene. Duke University Press, Durham 2016. Zudem beschreibt Souvik Mukherjee in Bezug auf Videospiele einen „cyborgian influence on the player“, wobei Spielende also über ihr input device mit dem In-Game-Avatar verschmelzen (Mukherjee, Souvik (2015):Video Games and Storytelling: Reading Games and Playing Books. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2015. S. 46).

[5]     Ich fänd es interessant, einmal nachzuspüren der Verschmelzung zwischen Kamera und Fotograf*in. Das würde hier sicher den Rahmen sprengen, aber Ariella A. Azoulay spricht ja zum Beispiel auch von Imperialismus und Kolonialismus durch die Kamera bzw. speziell das shutter. Vgl. Azoulay, Ariella Aïsha (2019): Potential History: Unlearning Imperialism. Verso Books, London und New York 2019.

[6]     Miller, Hawken (2020): For people with disabilities, working from home using tech is a relief – and a struggle. In: www.us.boell.org. URL: https://us.boell.org/en/2020/08/11/people-disabilities-working-home-using-tech-relief-and-struggle [letzter Aufruf am 15.11.2022, 00:12 Uhr].

[7]     Vgl. ebd.

[8]     Ebd.

[9]     Vgl. Rau, Kristin (2022): Remote Work fördert die Diversität. In: www.wiwo.de. URL: https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/diversitaet-dank-homeoffice-remote-work-foerdert-die-diversitaet/28546358.html [letzter Aufruf am 15.11.2022, 00:24 Uhr].

[10]   Ebd.

[11]   Latifi, Fortesa (2022): Home Office hat mein Leben als chronisch kranker Mensch verändert – und mir gezeigt, dass ich nicht für Unternehmen arbeiten kann, die es mir nicht anbieten. In: www.businessinsider.de. URL: https://www.businessinsider.de/karriere/arbeitsleben/wieso-ich-fuer-kein-unternehmen-arbeite-das-kein-home-office-ermoeglicht-a/ [letzter Aufruf am 15.11.2022, 00:33 Uhr].

[12]   Ebd.

[13]   Wolf, Konrad (2020): Worauf es Menschen im Autismus-Spektrum am Arbeitsplatz ankommt. In: www.zeit.de. URL: https://www.zeit.de/zett/2020-08/worauf-es-menschen-im-autismus-spektrum-am-arbeitsplatz-ankommt [letzter Aufruf am 15.11.2022, 01:00 Uhr].

[14]   Als kurzer Kontext zu dem Begriff vgl. Spoon theory. In: www.en.wikipedia.org. URL: https://en.wikipedia.org/wiki/Spoon_theory [letzter Aufruf am 15.11.2022, 15:58 Uhr].

[15]   Latifi, Fortesa (2022): Home Office hat mein Leben als chronisch kranker Mensch verändert – und mir gezeigt, dass ich nicht für Unternehmen arbeiten kann, die es mir nicht anbieten. In: www.businessinsider.de. URL: https://www.businessinsider.de/karriere/arbeitsleben/wieso-ich-fuer-kein-unternehmen-arbeite-das-kein-home-office-ermoeglicht-a/ [letzter Aufruf am 15.11.2022, 00:33 Uhr].

[16]   Zum goldenen Hirschen (2010): KIND Hörgeräte / Zum goldenen Hirschen. In: www.youtube.com. URL: https://www.youtube.com/watch?v=RITbaVxPWD8 [letzter Aufruf am 15.11.2022, 17:35 Uhr].

[17]   Ebd.

[18]   Ebd.

[19]   Ebd., TC: 00:00:17 – 00:00:19.

[20]   Nebst einer Werbung für Google Glasses, die ich in einer Einführungsvorlesung zur Medientheorie einmal sah; wobei der Unterschied zwischen Google Glasses und Hörgerät ist, dass Google Glasses nur ein weiterer seltsamer, kurzlebiger Augmented-Reality-Trend aus dem Silicon Valley gewesen zu sein scheint, der entsprechend wieder verschwunden ist.

[21]   Vgl. Harrasser, Karin (2016): Prothesen. Figuren einer lädierten Moderne. Verlag Vorwerk 8, Berlin 2016. Unter anderem S. 10 und S. 14. Vrääth Öhner schreibt in einer Rezension zu Harrassers Buch, dass Prothesen in der Medienwissenschaft problematischerweise von einem mangelhaften Menschen ausgingen: „Allein schon aus diesem Grund muss McLuhans Extensionsthese, so Harrasser, an einem entscheidenden Punkt modifiziert werden: Wenn Medien Prothesen sind, dann nur in dem Sinn, dass es nichts gibt, was sie ersetzen könnten.“ (Öhner, Vrääth (2017): Karin Harrasser: Prothesen. Figuren einer lädierten Moderne. In: [rezens.tfm] Nr. 2017/2, URL: https://rezenstfm.univie.ac.at/index.php/tfm/article/view/r371 [letzter Aufruf am 20.11.2022, 17:36 Uhr].)

[22]   Nikolow, Sybilla (2020): Prothetik. In: Heßler, Martina und Liggieri, Kevin (Hrsg.): Technikanthropologie: Handbuch für Wissenschaft und Studium. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020. S. 403-410. / S. 403.

[23]   Ebd., S. 408.

[24]   Siehe dazu ebenso jeweils die entsprechenden Beiträge in Heßler, Martina und Liggieri, Kevin (Hrsg.): Technikanthropologie: Handbuch für Wissenschaft und Studium. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020.

[25]   Vgl. PhilosophyTube (2022): Transhumanism: „The World’s Most Dangerous Idea“ | PhilosophyTube. In: www.youtube.com. URL: https://www.youtube.com/watch?v=DqPd6MShV1o [letzter Aufruf am 15.11.2022, 22:09 Uhr]. TC: 00:10:12-00:11:44.

[26]   Vgl. Foerster, Birte (2013): Erinnerung in den Alltag integrieren. In: www.archiv.unicross.uni-freiburg.de. URL: https://archiv.unicross.uni-freiburg.de/2013/10/stolpersteine-husserl-freiburg/ [letzter Aufruf am 21.11.2022, 15:53 Uhr].

[27]   Vgl. PhilosophyTube (2022): Transhumanism: „The World’s Most Dangerous Idea“ | PhilosophyTube. In: www.youtube.com. URL: https://www.youtube.com/watch?v=DqPd6MShV1o [letzter Aufruf am 15.11.2022, 22:09 Uhr]. TC: 00:15:46 – 00:16:57.

[28]   Zum Tisch als Medium siehe übrigens Seitter, Walter (2001): Möbel als Medien. Prothesen, Paßformen, Menschenbildner. Zur theoretischen Relevanz Alter Medien. In: Keck, Annette und Pethes, Nicolas (Hrsg.): Mediale Anatomien. Menschenbilder als Medienprojektionen. transcript Verlag, Bielefeld 2001. S. 177–192. In: www.mediarep.org. URL: https://mediarep.org/bitstream/handle/doc/13224/Mediale_Anatomien_177-192_Seitter_Moebel_als_Medien_.pdf?sequence=5 [letzter Aufruf am 17.11.2022, 20:42 Uhr].

[29]   Vgl. Weber, Jutta (2020): MenschMaschine. In: Heßler, Martina und Liggieri, Kevin (Hrsg.): Technikanthropologie: Handbuch für Wissenschaft und Studium. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020. S. 318-322 / S. 319. Vgl. auch Harrasser, Karin (2016): Prothesen. Figuren einer lädierten Moderne. Verlag Vorwerk 8, Berlin 2016. S. 34f.

[30]   Maye, Harun und Scholz, Leander (2019): Zur Anthropologie der Medien bei Ernst Kapp. In: Dies. (Hrsg.): Ernst Kapp und die Anthropologie der Medien. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2019. S. 7-14 / S. 8.

[31]   Vgl. Engell, Lorenz (2019): Extensions of Man: Ernst Kapp und Marshall McLuhan. In: Maye, Harun und Scholz, Leander (Hrsg): Ernst Kapp und die Anthropologie der Medien. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2019. S. 33-47 / S. 35.

[32]   Bartels, Klaus (2008): Die Antiquiertheit der Prothese – McLuhan, das Spiel, die Avatare. In: De Kerckhove, Derrick/Leeker, Martina/Schmidt, Kerstin (Hrsg.): McLuhan neu lesen. Kritische Analysen zu Medien und Kultur im 21. Jahrhundert. transcript Verlag, Bielefeld 2008. S. 409-421 / S. 409. Siehe dazu auch Souvik Mukherjee in Fußnote 4.

[33]   Ein wie ich finde witziges und eindrückliches Beispiel zugleich ist das im Februar 2021 viral gegangene Meme Zoom Cat Lawyer (mit eigener Wikipedia-Seite: o.A. (o.J.): Zoom Cat Lawyer. In: www.en.wikipedia.org. URL: https://en.wikipedia.org/wiki/Zoom_Cat_Lawyer [letzter Aufruf am 21.11.2022, 13:50 Uhr]), bei dem ein Anwalt im Zoom-Meeting Probleme damit hatte, einen verfremdenden Katzenfilter zu deaktivieren. The Telegraph (2021): ‚I‘m not a cat’: Lawyer goes viral for kitten filter in Zoom virtual court case. In: www.youtube.com. URL: https://www.youtube.com/watch?v=WiL4kzLAd_8 [letzter Aufruf am 21.11.2022, 13:57 Uhr].

[34]   Westermann, Bianca (2010): Prothese oder Cyborg? Zur kulturellen Aktualität des Verhältnisses von Technik und Körper. In: vokus. volkskundlich-kulturwissenschaftliche schriften. Heft 1, 20/2010. In: www.kulturwissenschaften.uni-hamburg.de.
URL: https://www.kulturwissenschaften.uni-hamburg.de/ekw/forschung/publikationen/vokus/vokus201001/media/westermann-protheseodercyborg-vokus2010.pdf [letzter Aufruf am 18.11.2022, 23:39 Uhr], S. 31.

[35]   Ebd., S. 32.

[36]   Ebd., S. 35.

[37]   Ebd.

[38]   Ebd., S. 36.

[39]   Vgl. ebd. S. 36f.

[40]   Vgl. ebd., S. 46.

[41]   Ebd., S. 36f.

[42]   Vgl. Harrasser, Karin (2013): Körper 2.0: Über die technische Erweiterbarkeit des Menschen. transcript Verlag, Bielefeld 2013 sowie Harrasser, Karin (2016): Prothesen. Figuren einer lädierten Moderne. Verlag Vorwerk 8, Berlin 2016.

[43]   Vgl. Westermann, Bianca (2010): Prothese oder Cyborg? Zur kulturellen Aktualität des Verhältnisses von Technik und Körper. In: vokus. volkskundlich-kulturwissenschaftliche schriften. Heft 1, 20/2010. In: www.kulturwissenschaften.uni-hamburg.de.
URL: https://www.kulturwissenschaften.uni-hamburg.de/ekw/forschung/publikationen/vokus/vokus201001/media/westermann-protheseodercyborg-vokus2010.pdf [letzter Aufruf am 18.11.2022, 23:39 Uhr], S. 47f. Siehe dazu auch S. 216-219 in: Sobchack, Vivian (2004):Carnal Thoughts: Embodiment and Moving Image Culture. University of California Press, Berkeley/Los Angeles/London 2004. In: www.monoskop.org. URL: https://monoskop.org/images/5/58/Sobchack_Vivian_Carol_Carnal_Thoughts_Embodiment_and_Moving_Image_Culture.pdf [letzter Aufruf am 21.11.2022, 16:01 Uhr].

[44]   Vgl. dazu Stella Youngs TedTalk: Young, Stella (2014): I’m not your inspiration, thank you very much. In: www.ted.com. URL: https://www.ted.com/talks/stella_young_i_m_not_your_inspiration_thank_you_very_much/transcript [letzter Aufruf am 20.11.2022, 19:41 Uhr].

[45]   Harrasser, Karin (2013): Körper 2.0: Über die technische Erweiterbarkeit des Menschen. transcript Verlag, Bielefeld 2013. S. 56.

[46]   Ebd., S. 70.

[47]   Vgl. Sobchack, Vivian (2004): Carnal Thoughts: Embodiment and Moving Image Culture. University of California Press, Berkeley/Los Angeles/London 2004. In: www.monoskop.org. URL: https://monoskop.org/images/5/58/Sobchack_Vivian_Carol_Carnal_Thoughts_Embodiment_and_Moving_Image_Culture.pdf [letzter Aufruf am 21.11.2022, 16:01 Uhr]. S. 205.

[48]   Ebd., S. 207.

[49]   Ebd., S. 206.

[50]   Ebd., S. 207.

[51]   Ebd., S. 209.

[52]   Vgl. ebd., S. 210.

[53]   Ebd., S. 212.

[54]   Ebd., S. 211.

[55]   Vgl. ebd., S. 214.

[56]   Ebd., S. 225.

[57]   Ebd., S. 212.

[58]   Vgl. ebd., S. 211f.

[59]   Ebd., S. 217.

[60]   Tanja Erhart im Talk mit Sarah Potrafke, als eingebettetes YouTube-Video zu finden in: Körper der Zukunft? Cyborgs, Dis_abled und andere Normale. Kunst und Kultur von allen für alle? Thementage 1: Große Erwartungen. In: www.uni-hildesheim.de/kulturpraxis. URL: https://www.uni-hildesheim.de/kulturpraxis/grosse-erwartungen-thementage-1-cyborgs/ [letzter Aufruf am 21.11.2022, 18:49 Uhr], TC: 00:24:44 – 00:25:13.

[61]   Ebd., TC: 00:32:05 – 00:32:15.

[62]   Vgl. ebd., TC: 00:26:00 – 00:27:15.

[63]  Böddicker, Jonas (2022): Studium zum mitnehmen. Warum Medienkultur nervt. In: www.uni-weimar.de/projekte/eject/wordpress.
URL: https://www.uni-weimar.de/projekte/eject/wordpress/2022/05/studium-zum-mitnehmen-warum-medienkultur-nervt/ [letzter Aufruf am 11.11.2022, 21:00 Uhr].

[64]   Umlala (2011): My Pdf Files. In: www.youtube.com. URL:  https://www.youtube.com/watch?v=reN5vaSADKQ [letzter Aufruf am 14.11.2022, 15:19 Uhr].

[65]   Vgl. Ebd.

[66]   Tapper, James (2022): Quiet quitting: why doing the bare minimum at work has gone global. In: www.theguardian.com. URL: https://www.theguardian.com/money/2022/aug/06/quiet-quitting-why-doing-the-bare-minimum-at-work-has-gone-global [letzter Aufruf am 16.11.2022, 22:34 Uhr].

[67]   Da ich hin und wieder random Memes und andere Internetphänomene referenziere, ohne dass Lesende das unbedingt so alles kennen, vergleiche hier explizit den entsprechenden Eintrag bei Know Your Meme; Hamilton, Phillip (2022): I’m Just In a Silly Goofy Mood. In: www.knowyourmeme.com. URL: https://knowyourmeme.com/memes/im-just-in-a-silly-goofy-mood [letzter Aufruf am 17.11.2022, 19:20 Uhr]. Um es einmal ausnahmsweise mit Shakespeares Hamlet zu sagen: Der Rest ist Internet.

[68]   Das (weitere) Themenfeld drumherum tiefer zu diskutieren, würde hier wohl wirklich alle Rahmen sprengen, aber ich möchte verweisen auf u.a. Graeber, David (2019): Bullshit Jobs: A Theory. Simon & Schuster, New York 2019 sowie als kürzeres Format auch sehr empfehlenswerter Videoessay, ebenso von Abigail Thorn an dieser Stelle: PhilosophyTube (2020): Work (or, the 5 Jobs I had before YouTube) | Philosophy Tube. In: www.youtube.com. URL: https://www.youtube.com/watch?v=c_X-812q_Jc [letzter Aufruf am 16.11.2022, 23:59 Uhr].

[69]   Hofmann, Robert (2022): Warum Quiet Quitting so viele junge Menschen anspricht. In: www.vice.com. URL: https://www.vice.com/de/article/dy7kzk/warum-quiet-quitting-so-viele-junge-leute-anspricht?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE [letzter Aufruf am 16.11.2022, 22:44 Uhr].

[70]   In Bezug auf US-Colleges siehe auch: Melillo, Gianna (2022): College students are ‚quiet quitting‘ to preserve their mental health: report. In: www.thehill.com. URL: https://thehill.com/changing-america/well-being/mental-health/3646434-college-students-are-quiet-quitting-to-preserve-their-mental-health-report/ [letzter Aufruf am 16.11.2022, 23:06 Uhr]. Verweisen möchte ich an dieser Stelle auch auf Price, Devon (2021):Laziness Does Not Exist: A Defense of the Exhausted, Exploited, and Overworked. Simon & Schuster, New York 2021 bzw. auch auf den kürzeren online verfügbaren Essay, auf dem sein Buch basiert: Price, Devon (2018):Laziness Does Not Exist. In: www.humanparts.medium.com. URL: https://humanparts.medium.com/laziness-does-not-exist-3af27e312d01 [letzter Aufruf am 17.11.2022, 18:44 Uhr].

[71]   Auch wenn ich Demirovićs Buch inhaltlich wertvoll finde, möchte ich an dieser Stelle wichtigerweise den Ableismus reproduzierenden Begriff „Dummheit“ im Titel kritisieren und mich selbst von dem Begriff entsprechend distanzieren. Gerade in einem Text, in dem ich über Ableismus spreche, fänd ich es einen befremdlichen performativen Widerspruch und problematisch, das nicht zumindest auch anzusprechen und unkommentiert stehen zu lassen. Zur Lektüre verweise ich auf einen Blogbeitrag auf egoFM, der sich kurz und anschaulich mit Ableismus reproduzierender Sprachlichkeit am Falle von einem Tweet Sibylle Bergs beschäftigt. Vgl. o.A. (2021): Ableistische Sprache im Alltag. Was wir aus Sibylle Bergs Verhalten lernen können. In: www.egofm.de. URL: https://www.egofm.de/blog/netz/ableistische-sprache-im-alltag [letzter Aufruf am 16.11.2022, 21:37 Uhr].

[72]   Demirović, Alex (2015): Wissenschaft oder Dummheit? Über die Zerstörung der Rationalität in den Bildungsinstitutionen. Hrsg. Rosa-Luxemburg-Stiftung. VSA: Verlag, Hamburg 2015. In: www.rosalux.de. URL: https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/VSA_Demirovic_Wissenschaft_Dummheit.pdf [letzter Aufruf am 17.11.2022, 20:44 Uhr]. S. 11.

[73]   Ebd., S. 19.

[74]   Vgl. ebd., S. 18-20.

[75]   Ebd., S. 20.

[76]   Ebd.

[77]   Ebd., S. 22.

[78]   Dazu passt vielleicht noch ein weiteres Zitat von  Demirović: „Wissensaneignung ist ein aktiver Vorgang. Wissen wird nicht gleichsam neutral konsumiert, sodass es nach dem Konsum verzehrt und der Vorgang gleichsam abgeschlossen wäre.“ (Demirović, Alex (2015): Wissenschaft oder Dummheit? Über die Zerstörung der Rationalität in den Bildungsinstitutionen. Hrsg. Rosa-Luxemburg-Stiftung. VSA: Verlag, Hamburg 2015. In: www.rosalux.de. URL: https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/VSA_Demirovic_Wissenschaft_Dummheit.pdf [letzter Aufruf am 17.11.2022, 20:44 Uhr], S. 47.

[79]   Amlinger, Carolin (2021): Schreiben. Eine Soziologie literarischer Arbeit. [Dissertation am Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt] Suhrkamp Verlag, Berlin 2021. S. 18f.

[80]   Ebd.

[81]   Zum Thema Burnout im Studium siehe u.a. Götzke, Manfred (2012): Burnout beim Bachelor. In: www.deutschlandfunk.de. URL: https://www.deutschlandfunk.de/burnout-beim-bachelor-100.html [letzter Aufruf am 15.11.2022, 22:27 Uhr] sowie Holz, Gesa (2018): Burnout mit 26: Janne, ihr Studium, und diese Müdigkeit, die einfach kein Ende nimmt. In: www.stern.de. URL: https://www.stern.de/gesundheit/burnout-mit-26–wie-ein-studium-janne-die-lebensenergie-raubt-7988980.html [letzter Aufruf am 15.11.2022, 21:27 Uhr] und Kutter, Inge (2010): Burnout im Studium: „Ich kann nicht mehr“. In: www.zeit.de. URL: https://www.zeit.de/campus/2010/03/burnout-studenten/komplettansicht [letzter Aufruf am 15.11.2022, 22:03 Uhr].

[82]   Wingenfeld, Thomas (2022): Burnout-Vorsorge für Studenten: Hausarbeit vom Ghostwriter erstellen lassen. In: www.cnet.de. URL: https://www.cnet.de/88194010/burnout-vorsorge-fuer-studenten-hausarbeit-vom-ghostwriter-erstellen-lassen/ [letzter Aufruf am 15.11.2022, 22:45 Uhr].

[83]   Zu Job und Studium siehe u.a. ebenso Demirović, der „viele der Studierenden [als] quasi Erwerbstätige“ beschreibt (Demirović, Alex (2015): Wissenschaft oder Dummheit? Über die Zerstörung der Rationalität in den Bildungsinstitutionen. Hrsg. Rosa-Luxemburg-Stiftung. VSA: Verlag, Hamburg 2015. In: www.rosalux.de. URL: https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/VSA_Demirovic_Wissenschaft_Dummheit.pdf [letzter Aufruf am 17.11.2022, 20:44 Uhr]. S. 51).

[84]   Ebd., S. 49.