Die Ausstellung und Literatursammlung »AUSBLICKSPUNKTE. Bücher von und über Maurice Halbwachs« begleitet die Umbenennung des größten Hörsaals der Bauhaus-Universität Weimar in Maurice-Halbwachs-Auditorium, deren Festakt am 4. Dezember 2024 stattfindet.
Maurice Halbwachs (1877–1945) ist als französischer Philosoph und einer der bedeutendsten Soziologen des 20. Jahrhunderts vor allem für seine Arbeiten zum kollektiven Gedächtnis bekannt. Nach Aufenthalten in Deutschland und den USA lehrt er ab 1935 an der Sorbonne in Paris, wo er sich intensiv mit den sozialen Mechanismen auseinandersetzt, die kollektive Erinnerungen in Gesellschaften hervorbringen und durch Rituale sowie andere kulturelle Techniken weitertradieren. Unter dem Vorwurf, mit der Résistance im nationalsozialistisch besetzten Frankreich zusammengearbeitet zu haben, findet Halbwachs’ Wirken durch die Geheime Staatspolizei ein brutales Ende: Am 24. Juli 1944 wird er in Paris verhaftet und wenige Tage später, in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert, wo er in Folge der unmenschlichen Haftbedingungen nach wenigen Monaten, am 15. März 1945, stirbt.
Während Maurice Halbwachs bereits zu seinen Lebzeiten durch wegweisende Studien wie »Les cadres sociaux de la mémoire« (1925) Bekanntheit erlangt, wird sein Fragment gebliebenes Werk »La mémoire collective« (1950) erst posthum veröffentlicht. Die ersten deutschsprachigen Übersetzungen dieser Publikationen erscheinen 1966 und 1967 unter den Titeln »Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen« und »Das kollektive Gedächtnis«. Als Schüler von Émile Durkheim und Freund von Marcel Mauss reicht. Halbwachs’ umfangreiches Werk weit über seine Zeit hinaus und ist prägend für unterschiedliche Disziplinen wie Medienkultur, Kulturgeschichte, Kunstwissenschaften und Urbanistik. Noch heute bilden seine breit rezipierten Forschungen einen zentralen Ausgangspunkt für die kritische Analyse gesellschaftlicher Erinnerungspraktiken und sozialer Identität.
Der Titel der Ausstellung basiert auf dem Zitat von Maurice Halbwachs aus einem seiner Hauptwerke Das kollektive Gedächtnis (Stuttgart 1967, S. 31):
»Wenn überdies das kollektive Gedächtnis seine Kraft und seine Beständigkeit daraus herleitet, dass es auf einer Gesamtheit von Menschen beruht, so sind es indessen die Individuen, die sich als Mitglieder der Gruppe erinnern. In dieser Masse gemeinsamer sich aufeinander stützender Erinnerungen sind es nicht dieselben, die jedem von ihnen am deutlichsten erscheinen. Wir würden sagen, jedes individuelle Gedächtnis ist ein ›Ausblickspunkt‹ auf das Gedächtnis; dieser Ausblickspunkt wechselt je nach der Stelle, die wir darin einnehmen, und diese Stelle selbst wechselt den Beziehungen zufolge, die ich mit anderen Milieus unterhalte.«
Durch Neuerwerbungen der Universitätsbibliothek konnte die Sammlung zu diesem Thema wesentlich erweitert werden. Wir freuen uns, mit Ihnen gemeinsam die Sammlung an Literatur zum Thema Maurice Halbwachs weiter auszubauen. Wenn Sie Erwerbungsvorschläge haben, senden Sie uns diese gerne zu. Alle Bücher können in der Universitätsbibliothek genutzt, entliehen oder vorgemerkt werden. Die E-Books der digitalen Literatursammlung können Sie online lesen oder herunterladen.
Ausstellung:
»AUSBLICKSPUNKTE. Bücher von und über Maurice Halbwachs«
Datum: 26. November 2024 bis 15. Februar 2025
Ort: Universitätsbibliothek, 99423 Weimar, Steubenstraße 6, Ebene -1
Öffnungszeiten: montags bis freitags: 9 −23 Uhr, samstags 10 – 18 Uhr (während der Öffnungszeit der Universitätsbibliothek)
Ausstellungsgestaltung: Elisa Goldammer, Dr. Moritz Lampe, Dr. Katrin Richter