20 Jahre Sicherheitsausschuss: »Kommunikation ist alles«
Wer nicht will, dass ihm etwas zustößt, der sollte gar nicht vor die Haustür gehen – so lautet die landläufige Meinung. Stimmt, hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Und dennoch: damit niemanden etwas zustößt oder damit eine gefährliche Situation nicht eskaliert, dafür kann man im Voraus Vorsorge treffen.
Und genau dafür engagieren sich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen. Sie beschäftigen sich damit, ob ein Fluchtweg zu eng, ein im Labor austretendes Gas gefährlich oder acht Stunden Gesang selbst für Berufsmusiker zu viel sind.
An der Bauhaus-Universität Weimar und der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar kommen diese Kollegen regelmäßig in einem gemeinsamen Gremium zusammen, dem Sicherheitsausschuss (SIAS). Im Juni 1992 ins Leben gerufen, feiert er in diesem Sommer sein 20. Jubiläum.
Wird ein neuer Arbeitsplatz bezogen, war Dirk Schmidt schon lange vorher da
Erste-Hilfe-Maßnahmen – die Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen, sind vielfältig und oftmals von sehr grundsätzlicher Natur“, erklärt Dirk Schmidt, Leiter Servicezentrum Sicherheitsmanagement der Bauhaus-Universität Weimar. Doch trotzdem seine Arbeit so eng mit dem täglichen Arbeitsplatz vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verknüpft ist, bleibt sie für viele im Verborgenen. Das mag daran liegen, dass Dirk Schmidt, wenn ein Arbeitsplatz bezogen wird, meist schon lange vorher da war.
Er hat den Bau begleitet, die Räume geprüft und dafür gesorgt, dass Gefahrensituationen und schädigende Bedingungen gar nicht erst entstehen können. „Immer wenn ein Gebäude der Universität saniert oder neu gebaut wird, ermitteln wir beispielsweise, ob es Schadstoffbelastungen in den Arbeitsräumen gibt oder ob sie angemessen belichtet sind“, so Schmidt. Glücklicherweise gibt es hierfür Messgeräte und Normen, denn ob eine Schreibtischlampe den Computerarbeitsplatz genug erhellt oder ob ein Raum nun einen „neutralen“ Geruch ausströmt oder nicht, unterliegt oft der individuellen Wahrnehmung.
Im Ernstfall darüber grübeln, wie man einen Feuerlöscher „anschaltet“
Auch mögliche Fluchtwege schaut sich schaut sich der Sicherheitsausschuss unter fachlicher Leitung von Dirk Schmidt genau an. „In alten Gebäuden sind Flure oft zu eng und im Ernstfall könnte durch die Enge schnell eine Paniksituation entstehen. Um das zu verhindern, durchdenken wir alle möglichen Reaktionen und erstellen Fluchtpläne, die dann gut sichtbar in den Abteilungen ausgehängt werden.“ Die sich bei einem Brand und entsprechender Evakuierung natürlich niemand mehr anschaut – das sei das Hauptproblem, gibt er zu. Und plädiert dafür, mindestens einmal im Jahr alle Mitarbeiter aufzuklären und zu schulen. „Was nützen fünf Feuerlöscher pro Etage, wenn Sie im Notfall dann keiner bedienen kann und die Betroffenen erstmal darüber grübeln, wie man sie aktiviert.“ Wertvolle Zeit, die es genau dann nicht gibt. Daher ist eines Dirk Schmidt am Wichtigsten: „Regelmäßige Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eben alles.“
Arbeitsplatz ist nicht gleich Arbeitsplatz und glücklicherweise tritt nur selten ein Notfall ein. Bedeutsamer sind tägliche Belastungen in kleinen Dosen, die sich in mehr als 220 Arbeitstagen pro Jahr summieren können. Belastungen wie sie etwa in den Laboren der Fakultät Bauingenieurwesen durch gefährliche Stoffe verursacht werden können. Oder durch Staub- und Lärm, wie er beim Betrieb von Versuchsgeräten entsteht. Hierfür erarbeitet der Sicherheitsausschuss individuelle Maßnahmen, mit denen die Belastungen verringert und durch die die Gefahren abgewendet werden können, wie das Tragen von Schutzkleidung oder Atemmasken.
Stress fürs Ohr: acht Stunden Soprangesang
Doch nicht nur Labore nimmt der Ausschuss genauer durch die Lupe. „Auch andere Berufsgruppen wollen wir schützen. So Berufsmusiker wie die Korrepetitoren an der Musikhochschule, die Sängerinnen und Sänger täglich acht Stunden musikalisch begleiten. Acht Stunden Soprangesang – auch wenn dies zunächst angenehm erscheinen mag, für das Ohr bedeutet das puren Stress. Und dieses kann unter einer solchen Dauerbelastung Schädigungen davon tragen. „Derzeit versuchen wir, sogenannte Otoplastiken durchzusetzen, Schutzgeräte fürs Ohr, die die Schallfrequenz verringern und trotzdem einen unverminderten Klang ermöglichen“, sagt Schmidt. „Zwei Dinge haben wir dabei im Auge: die Betroffenen aufklären, dass geschützt werden muss und ihnen zeigen, wie sie sich schützen können.“
Rot, Gelb, Grün: ein effektives Ampelsystem für die Kulturschätze Weimars
In Weimar hat das Thema Sicherheit noch eine weitere Komponente: Über 300 Tonnen bewegliche Kulturgüter beherbergt die Stadt und diese gilt es, besonders zu schützen. „Nicht erst seit dem Brand der Anna-Amalia-Bibliothek beschäftigen wir uns damit, wie man die vielen Kostbarkeiten Weimars im Katastrophenfall retten kann“, erzählt Schmidt. „Schon lange zuvor haben wir uns mit anderen Kultureinrichtungen wie der Klassik Stiftung Weimar oder den Bibliotheken zusammengesetzt und einen Plan erstellt, wie wir im Notfall am effektivsten vorgehen können.“
Der sogenannte Gefahrenabwehrplan wird jährlich aktualisiert und sagt aus, welche Gemälde, Plastiken, Bilder, Handschriften oder kulturhistorische Gegenstände bei einer Katastrophe zuerst gerettet werden müssen. Eine Art Ampelsystem erleichtert die Unterscheidung: Rot steht für Kulturgüter von internationaler Bedeutung, Gelb für Werke von nationaler Bedeutung und Grün für lokale Schätze. Jede Institution hat ihre eigene Liste, die regelmäßig an die Feuerwehr weitergegeben wird. Diese hat dann im Ernstfall den Überblick und kann gezielte Anweisungen geben.
Wo studiert wird, gibt es auch Feste
So wichtig Weimars Kulturgüter sind, eine Grundregel gilt dennoch immer: Menschen sind zuerst in Sicherheit zu bringen. Besonders bei Großveranstaltungen muss daher vieles schon im Vorfeld bedacht und der Sicherheitsbeauftragte konsultiert werden. Und einige große Festivitäten hat die Bauhaus-Universität Weimar hinter sich, besonders in den Jubiläumsjahren 2009 und 2010. Für Dirk Schmidt bedeuteten sie quasi einen Dauereinsatz. „Mehrere hundert Gäste im Hauptgebäude? Keine einfach zu bewältigende Aufgabe, darf doch das UNESCO-Welterbestatus ebenso wenig in Mitleidenschaft gezogen werden wie den Besuchern im Gefahrenfalle etwas passieren darf. Aber wir haben hervorragend mit allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen und den Studierenden zusammengearbeitet, und im Vorfeld alles Nötige organisiert: etwa eine Ordnungsgruppe festgelegt, Ersthelfer geschult und Fluchtwege gekennzeichnet“, resümiert Schmidt zufrieden.
Von den damals gemachten Erfahrungen profitieren nun alle weiteren Feste, denn im Nachgang ist eine Checkliste erarbeitet worden, die vor allen Veranstaltungen ausgefüllt und beantwortet werden muss, um auf Nummer sicher zu gehen. Denn eines ist wirklich sicher: wo studiert wird, wird auch gefeiert und die nächste Party auf dem Campus kommt bestimmt: spätestens zum jährlichen Abschluss des Studienjahres im Sommer, zur summaery.
Kontakt:
Dipl.-Ing. Dirk Schmidt
Belvederer Allee 6
99423 Weimar
E-Mail: dirk.schmidt[at]uni-weimar.de
Weitere Informationen zum Sicherheitsausschuss finden Sie hier.