12. Dezember 2023, 19 Uhr
Lounge der Universitätsbibliothek (Zugang über das Foyer)
Steubenstraße 6, 99423 Weimar
Die Corona-Pandemie liegt gerade hinter uns, doch die Zahl der Ansteckungen schnellt wieder in die Höhe… Genau deshalb ist es an der Zeit, sich über »Die Kette der Infektionen« neu zu verständigen.
Der Medienwissenschaftler Andreas Bernard geht in seinem kürzlich erschienenen Buch davon aus, dass die Bekämpfbarkeit von Epidemien an ihre Erzählbarkeit gebunden ist. Neben dem dezidiert medizinischen Anteil am Kampf gegen Seuchen – der Entwicklung von Impfstoffen, der Erforschung von Immunität – erscheint die Frage, wie Epidemien und ihre Ausbrüche abgebildet werden oder ob sie überhaupt abbildbar sind, für den Erfolg ihrer Eindämmung zentral.
Diesen Zusammenhang macht Bernard in seinen Studien zur Geschichte der Pocken, der Cholera, der Influenza, aber auch von Aids und COVID-19 sichtbar. Er untersucht, inwiefern der Siegeszug der Bakteriologie im späten 19. Jahrhundert eine neue Darstellung der Ansteckungsprozesse durchgesetzt hat, deren Erzählformen und Sprachbilder heute noch gültig sind.
Dabei analysiert sein Buch die Bedeutung von Kommunikationsmedien wie Briefen, Telegrammen und den aktuellsten Tracking-Apps, deren Nachrichten über die Epidemie in einen Wettlauf mit dem Voranschreiten der Krankheit treten. Es verbindet medizinhistorische und erzähltheoretische Forschung und schafft einen bislang kaum beachteten Zugang zur Geschichte der Epidemien, der eine neue Perspektive auf das gegenwärtige Infektionsgeschehen ermöglicht.
Andreas Bernard ist Professor für Kulturwissenschaften am »Centre for Digital Cultures« der Leuphana-Universität Lüneburg. Von 1995 bis 2014 war er Autor und Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«. Derzeit schreibt er für das »ZEIT Magazin« die Rubrik »Laufende Ermittlungen – Notizen aus dem Alltag« sowie für das Feuilleton der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Zu seinen Büchern zählen: »Die Geschichte des Fahrstuhls: Über einen beweglichen Ort der Moderne« (2006), »Komplizen des Erkennungsdienstes: Das Selbst in der digitalen Kultur« (2017) und zuletzt »Das Diktat des Hashtags. Über ein Prinzip der aktuellen Debattenbildung« (2018).
Diese Veranstaltung wird von Henning Schmidgen, Professur für Medientheorie und Wissenschaftsgeschichte, als Moderator begleitet.
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