Im Studienpreis Konrad Wachsmann 2024 waren zwei Studentinnen der Fakultät Architektur und Urbanistik erfolgreich. Mascha Leykauf, Absolventin im Master Architektur, hat einen Preis für »Zwischen Welten, ein Lernort für Schönefeld«, Betreuung: Professur Entwerfen und Raumgestaltung, erhalten. Olga Sulek, Studentin im Bachelor Architektur, wurde für ihre Arbeit »WBS70 – Eine intersektionale Kontextualisierung«, Betreuung: Professur Entwerfen und StadtArchitektur, mit einer Anerkennung ausgezeichnet. Beide Arbeiten beschäftigen sich mit wichtigen Zukunftsfragen in Architektur und Planung.
Der Studienpreis Konrad Wachsmann wird seit 2018 jedes Jahr durch die BDA-Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg ausgelobt. Zugelassen zur Einreichung sind jeweils herausragende Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten der letzten drei Semester, die an den Hochschulen der vier Bundesländer entstanden sind. In diesem Jahr gingen insgesamt 63 Arbeiten beim BDA Thüringen, der dieses Jahr federführend das Verfahren organisierte, ein.
Die Jury bestehend aus Franziska Singer, Zürich, Architektin BDA; Christina Gräwe, Berlin, Publizistin und Kuratorin und Ariane Wiegner, Berlin, Architektin BDA, Kirchberger & Wiegner Rohde, vergab auf ihrer Sitzung im Eiermannbau in Apolda insgesamt drei Preise sowie drei Anerkennungen.
Die drei gleichwertigen Preise erhielten:
Anerkennungen wurden vergeben an:
Weitere Informationen zum Preis und den Arbeiten finden sich in der Broschüre zum Preis
Die ausführlichen Jurybegründungen zu den beiden Weimarer Arbeiten:
Zwischen Welten, ein Lernort für Schönefeld
Mascha Leykauf, Master Bauhaus Universität Weimar
Betreuung: Prof. José Mario Gutiérrez Marquez Prof. Andreas Garkisch Luise Leon Elbern
PREIS
Die Arbeit »Zwischen Welten, Ein Lernort für Schönefeld« lotet das Potential einer Schule als bereichernder Lebens- und Stadtteilbaustein aus und nutzt hierfür dem im Leipziger Raum häufig realisierten Plattenbau-Schultyp Leipzig« um. Gekonnt werden urbane und schulische Räume geschaffen, die einen Mehrwert für die Schüler:innenschaft und das sozial benachteiligte Viertel bieten. So werden durch das Hinzufügen von Raumschichten an die ehemaligen Gangschulen Zwischenräume zur Aneignung durch die Kinder geschaffen. Ergänzende Pavillons werden so hinzugefügt, dass aus den parallelen Riegeln des Bestandes ein Schulensemble mit Innenhof entsteht. Dies schafft auch eine klar verständliche Gradation von öffentlicheren und privateren Räumen – und erst hierdurch wird die Mehrfachnutzung als Schule und Stadtteil- Begegnungsort ermöglicht. Öffentliche Angebote wie eine Stadtteilbibliothek, Sprachkita und ein Mehrzwecksaal sind sinnvoll in den der Stadt zugewandten Schichten des neuen Gefüges angeordnet, während der Hof als Raum für die Schulgemeinschaft reserviert bleibt. Konstruktiv bleibt die Einfachheit der Plattenbauweise erhalten – lediglich die Fassaden werden abgenommen. Weitere Raumschichten für den Bestand sowie die Neubauten sind als ebenso einfache, jedoch räumlich flexiblere Holzskelettbauten vorgesehen. Die Eingangsthese von der Bedeutung der Schule als prägende Lebenswelt für Begegnungen und Entdeckungen wird entwurflich glaubhaft umgesetzt und in Zeichnungen und Modellen lebendig, nahbar und gut nachvollziehbar illustriert. »Zwischen Welten« schafft aneigenbare Zwischenräume, die die Kinder im Innenraum und die Nachbarschaft im Stadtraum für eine positive weitere Entwicklung benötigen. Darüber hinaus liefert die Arbeit auch architektonische Werkzeuge, die auf andere Plattenbau- und Typenschulen Anwendung finden können.«
WBS70 – Eine intersektionale Kontextualisierung
Olga Sulek, Bachelor Bauhaus Universität Weimar
Betreuung: Prof. Andreas Garkisch, Michael Kraus
ANERKENNUNG
Die Arbeit greift mehrere derzeit drängende Themen gleichermaßen auf: die Frage nach zukunftsfähigen Arten des Zusammenlebens, die Potenziale und somit die nachhaltige Nutzung des vorhandenen Bestandes sowie die Frage, wie ein intersektionaler Blick beide Themenfelder zu einer überzeugenden und multipizierbaren architektonischen Antwort verweben kann. Ausgangspunkt ist eine Analyse der im Sozialismus trotz vorgeblicher Gleichberechtigung festgeschriebenen Rollenbilder, u. a. manifestiert im Entwurf der WBS-70-Wohntypologie. Hieran anknüpfend wird überprüft, wie die WBS-Serie zu Wohnformen umgestaltet werden kann, die die genannten Rollenbilder hinter sich lassen. Vier Kernanliegen werden hierbei umgesetzt: es werden Grundrisse so umstrukturiert, dass sie eine Vergemeinschaftung von Care-Aufgaben ermöglichen, unterschiedliche gemeinschaftliche Begegnungsflächen geschaffen, variable Wohnformen durch flexibel schaltbare Räume realisiert und nicht zuletzt wird eine Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten – und hierdurch gleichzeitig eine Belebung der Erdgeschosszonen – vorgesehen. Die schiere Masse der bestehenden Bauten vom Typ WBS 70 macht die Untersuchung sinnfällig und im Vergleich zu bisherigen, theoretischen oder realisierten Umbauten dieses Typus‘ geht die Arbeit deutlich über eine Grundriss-Fingerübung für mehr Wohnfreiheit oder städtebauliche Optimierungen hinaus: sie zeigt, dass der anstehende gesellschaftliche und ökologische Umbau auch mit dieser standardisierten und konstruktiv unterkomplexen Bauart möglich ist. Insofern ist die Arbeit selbst zukunftsweisend: sie zeigt, dass eine systematische Untersuchung ubiquitärer Typen eine Handreichung für deren Umbau und Weiternutzung sein kann, die das Abriss-Argument der funktionalen Obsoleszenz gekonnt aushebelt. In der Umsetzung überzeugt die Arbeit durch eine klare Grundrissstruktur und die Ablesbarkeit der Eingriffe auch im dreidimensionalen Raum. Besonders hervorzuheben ist auch der Detailgrad im Modellbau. Hier wird das Atmosphärische der Alltagshandlungen im klar strukturierten Gefüge vorstellbar.
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