Bachelor Projekt

Industrie-Moderne im ländlichen Raum

Die Professur Denkmalpflege und Baugeschichte hat sich in den letzten Jahren wiederholt mit Theorien und Formen der Industriekultur auseinandergesetzt. Für eine Beschäftigung im Rahmen von Lehrveranstaltungen erwies sich der Fokus auf das Land Thüringen als sehr praktikabel. So verfolgte das Planungsprojekt im BA Urbanistik im WiSe 2017/18 einen wirtschaftsgeografischen und industriekulturellen Gesamtblick auf die Region. Während damals alle „industriellen Zeiten“, beginnend mit dem frühen 19. Jh. betrachtet wurden, thematisiert "Industrie-Moderne im ländlichen Raum" die Phase der elektroenergetischen, sogenannten zweiten industriellen Revolution und ihren räumlich-gestalterischen Niederschlag. Diese Epoche war eng mit der künstlerischen Moderne, beginnend mit dem Ersten Weltkrieg, verbunden. Technizismus, Funktionalismus und formale Reduktion sowie großer sozialer Neugestaltungswille charakterisierten diese Industrie-Moderne. Ihre Ideale und Mechanismen behielten jahrzehntelang Gültigkeit und wurden erst seit den 1970er Jahren beginnend merklich in Frage gestellt. Mit den "Grenzen des Wachstums" begann ein Umdenken, das diese Boomzeiten gleichsam historisch werden ließ.

Auch wenn man räumlich zunächst an Städte denken mag, erweist sich die Industrie-Moderne des 20. Jh. letztlich als flächendeckendes Phänomen, das (fast) jeden Landstrich erfasste. Die mit Werksansiedlungen und Infrastrukturprojekten verbundenen Veränderungen der Lebenswelten sind an kleinen, bis dahin zurückgebliebenen Ortschaften oft viel offensichtlicher. Glanz und Elend der Moderne liegen hier scheinbar besonders nahe beieinander. Zu den vielfältigen Verwerfungen gehören u. a. überprägungsbedingte naturräumlich-landschaftliche und (bau)kulturelle Verluste. In welchem Verhältnis ältere und industriemoderne Kultur zueinander stehen und inwieweit die Moderne schon selbst zu einem anerkannten und gepflegten Erbe geworden ist, wollen wir schließlich im Projekt fragen. Möglichweise gibt es an dem einen oder anderen Ort bisher nicht wahrgenommene Potentiale. „Industriedörfer“, „Agrostädte“ und Orte in ehemals "rückständigen Gebieten" bieten sich für unsere Erkundungen im Thüringer Raum besonders an und werden deshalb unsere Untersuchungsgegenstände sein. Im Projekt werden Grundlagenkenntnisse und -fähigkeiten zu Städtebau & Architektur, zu deren Dokumentation und Erforschung vermittelt. 

Zielgruppe: Bachelor Projekt 3.+7. Fachsemester Urbanistik, Master Urbanistik,  Bachelor Architektur 5. Fachsemester

Leistungspunkte: 12 ECTS

Verantwortlich: Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier | Dr. Iris Engelmann | Dr. Mark Escherich | Dr. Heike Oevermann

Leistungsnachweis: regelmäßige Teilnahme, Referate, Projektbroschüre

Beginn: 17. 10.2019

Projekttag: Donnerstag

Exkursion: 28. Oktober - 1. November 2019

Sprache: deutsch

Literatur:
Dokumentation Planungsprojekt BA Urbanistik im WiSe 2017/18 "Industriekultur in Thüringen" an der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte

Sedlacek, Peter: Thüringen, geographische Exkursionen, Gotha 2002