Im Rahmen der Aktionswoche "Treffpunkt Bibliothek" stellt die Universitätsbibliothek vom 24. bis zum 30.10.2013 jeden Tag eines der Digitalisate ihres Altbestands vor.
Ein wichtiges kulturgeschichtliches Dokument: die Jahresberichte der Kunstgewerbeschule
Die Gründung der Kunstgewerbeschule im Jahr 1907 unter ihrem Direktor Henry van de Velde bedeutete die Etablierung eines ganz neuen Fächerkanons in Weimar. Die Bereiche Keramik, Porzellanmalerei, Weberei, Stickerei, Teppichknüpferei sowie Buchbinderei und Buchdruckerei wurden jetzt zum ersten Mal als akademische Fächer unterrichtet.
Insgesamt wurden zwischen 1907 und 1915 etwa 250 Bände für die Bibliothek der Kunstgewerbeschule angeschafft. Dieser Bestand ist in zweifacher Weise als Bibliotheksbestand gekennzeichnet. Zum einen sind die Bücher und Zeitschriftenbände durch einen entsprechenden Inventarisierungsstempel gekennzeichnet worden. Dieser historische Bestand wurde von der heutigen Universitätsbibliothek – genauso wie die Bestände der bereits 1860 gegründeten Kunstschule und des 1919 als Zusammenschluss von Kunstschule und Kunstgewerbeschule gegründeten Staatlichen Bauhauses – erschlossen und mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft digitalisiert.
Zum anderen weist dieser (Gesamt-)Bestand die Besonderheit auf, dass alle Bände in einheitlicher Weise gebunden wurden. Verwendet wurde dabei ein grünlichbrauner Gewebeeinband.
Dies gilt auch für die Jahresberichte, die als eine wichtige Quelle für die Entwicklung der Kunstgewerbeschule anzusehen sind. In ihnen wird auch die Entwicklung der Werkstätten, aber auch die problematische Entwicklung der kleinen Bibliothek beschrieben. Der Jahresbericht 1910/1911 dokumentiert in besonderer Weise die Arbeit der Buchbinderei.
Max Thalmann (1890-1944), deutscher Graphiker, Illustrator und Buchkünstler. Seit 1909 Schüler an der Kunstgewerbeschule, 1911 Meisterprüfung bei Otto Dorfner.
Gross ist die Natur. Alles ein ewiges Neuschaffen.
In der Zeit des Staatlichen Bauhauses Weimar (1919-1925) wurde der Bibliotheksbestand um ca. 180 Titel erweitert. Darunter befindet sich die 1919 im Folkwang-Verlag veröffentlichte Publikation "Alpine Architektur des Architekten Bruno Taut."
In fünf Teilen und 30 Zeichnungen entwirft der Architekt und Stadtplaner Bruno Taut (1880-1938) eine utopische Hochgebirgslandschaft mit Glaskuppeln, Felsendomen, Kristallhäusern, gläsernen Säulengängen, Bögen und Glocken. In den einzelnen Zeichnungen des Mappenwerks feiert der Autor die ewige Schönheit und erhabene Unendlichkeit der Natur. Er lässt Felsen sprechen "Baut die Weltarchitektur!" und ruft die Völker Europas zum rastlosen mutigen Arbeiten im Dienst der Schönheit, im Unterordnen unter das Höhere, zum Schaffen im Einklang mit dem Universum auf.
Der Einsatz von Formen, Farben und Licht unterstützt das Gestalten einer neuen Welt, in der Natur und Kunst, Landschaft und Architektur zu einem neuen Ganzen sich zusammen fügen. Die beeindruckenden Farbzeichnungen wie "Kristallhaus in den Bergen", "Bergnacht" oder "Die Kugeln! Die Kreise! Die Räder!" sind es, die den Betrachter in diesen utopischen Kosmos eintauchen lassen. Am Ende steht das Leere, das große Nichts und Namenlose, dessen Sterne, Welten und Organe erneut auf die Phantasie und Kraft der Schöpferischen warten: "Wir müssen immer das Unerreichbare kennen und wollen, wenn das Erreichbare gelingen soll."
Ab 1921 setzte Taut seine Ideen von architektonischer Farb- und Formengestaltung in Magdeburg um. Nach seinen Entwürfen wurden bis zur Eröffnung der großen "Mitteldeutschen Ausstellung Magdeburg" im Jahr 1922 80 Hausfassaden farbig gestaltet.
Michel und der gute Geschmack
Horst Michel (1904-1989) war Inhaber des Lehrstuhls für Innengestaltung und Direktor des Instituts für Innengestaltung an der damaligen Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar. In dieser Funktion publizierte er zwischen 1956-1962 die sogenannten „Gelben Hefte“, die in fünf Ausgaben erschienen. Charakteristisch ist das Format („für die Sakkotasche des Betriebsleiters“) und die namensgebende Farbe der Hefte. Diese und sein Verfasser waren in den 50er und 60er Jahren sehr bekannt und einflussreich. Michels Aufgabe bestand in der fachlichen Anleitung von betrieblichen Entwurfsbüros ganzer Industriezweige der DDR, beispielsweise der Sitz- und Liegemöbelproduktion.
Exemplarisch wird an dieser Stelle das Gelbe Heft Nr. 3 „Warum ist das Angemessene modern?“ (1957) gezeigt.
Typisch ist auch hier die Gegenüberstellung des guten und des schlechten Beispiels. Anhand der Erläuterung eigener Entwürfe Michels und seiner Institutsmitarbeiter, die seinem Credo zweckentsprechender, langlebiger, erschwinglicher und schöner Gestaltung entsprechen und andererseits sogenanntem Kitsch, will er zur ästhetischen Urteilsfähigkeit erziehen.
Legendär war Michels Lehrveranstaltung „Der gedeckte Tisch“, in der wohl auch sein oben gezeigtes weißes Teeservice „Mona“ (1950) auf der Tafel stand.
Alles über die Linie oder »Die Umrisszeichnung ist das A und das O der Kunst«
Der Wirkung und Gestaltung der Linie hat der englische Maler und Illustrator Walter Crane (1845–1915) mit Line and Form (1900) ein ganzes Buch gewidmet, das in deutscher Übersetzung im Bestand der Großherzoglichen Zeichenschule Weimar nachgewiesen ist.
Der künstlerische Wert der Linie wird in Form eines in zehn Kapitel unterteilten Lehrbuches genauestens untersucht – von der Umrisszeichnung bis zum Ornament. Walter Crane war Vertreter der Arts and Crafts-Bewegung, die um 1900 auch großen Zuspruch in Weimar fand. Weitere berühmte Bücher, die im Umfeld dieser künstlerischen Bewegung entstanden sind und ebenfalls über unsere digitalen Sammlungen zugänglich sind, sind unter anderem Kunsthoffnungen und Kunstsorgen von William Morris sowie John Ruskins Wege zur Kunst.
Man kann sicher davon ausgehen, dass Henry van de Velde dieses Werk von Crane gut bekannt war und seine künstlerische Tätigkeit beeinflusste. Noch bis zum 22. Dezember sind Farbholzschnitte von Walter Crane in der Ausstellung "Henry van de Velde in seinem künstlerischen Umfeld" im Haus Schulenburg in Gera zu sehen.
Interessant aus heutiger Perspektive sind auch die Werbeanzeigen am Ende des Buches, die einen Eindruck über die damalige Publikationskultur wiedergeben.
»Allen Kunst- und Tugendliebenden zu Ehren und Nutzen«
Eines der wertvollsten und ältesten Bücher im Bestand der Universitätsbibliothek Weimar ist die "Teutsche Academie der Bau- Bildhauer- und Maler-Kunst" – ein Werk, das "allen Kunst-und Tugendliebenden zu Ehren und Nutzen" gewidmet ist und unter der Planung von Joachim von Sandrart, seines Zeichens einer der bedeutendsten Maler, Kunstgelehrten und Sammler im 17. Jahrhundert, entstanden ist.
Zwischen 1675 und 1680 publiziert gilt die "Teutsche Academie" als einer der wichtigsten Quellentexte zur Kunst der frühen Neuzeit. Die Themen in Sandrarts dreiteiligem Werk umfassen nicht nur die Kunst und Vorbilder der Antike, Abhandlungen zu den Kunstgattungen Baukunst, Malerei und Skulptur, sondern auch zahlreiche Ausführungen zu zeitgenössischen Künstlern, Kunstsammlungen und Schatzkammern. Viele Illustrationen schmücken das Werk, Texte von Giorgio Vasari, Karel van Mander, Sebastiano Serlio und Andrea Palladio dienten teilweise als Vorlage für das Traktat.
Die "Teutsche Academie" kann anhand des Zugangsstempels bereits in der Sammlung der Großherzoglich Sächsischen Kunstschule zu Weimar (1860-1910) nachgewiesen werden.
Zu der "Teutschen Academie" gibt es übrigens eine vollständig transkribierte und kommentierte Online-Edition, die im Rahmen eines DFG-Projekts an der Universität Frankfurt und am Kunsthistorischen Institut in Florenz, Max-Planck-Institut, entstanden ist. Diese basiert auf der digitalisierten Ausgabe des Frankfurter Städel-Museums: www.ta.sandrart.net
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