Deutschkurse für Geflüchtete
Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Wenn Flüchtlinge in unserer Gesellschaft Arbeit und Ausbildung finden sollen, dann benötigen sie hierfür ein Mindestmaß an Deutschkenntnissen. Diese Einsicht ist zwar allgemein akzeptiert, Angebote dafür sind jedoch nicht ausreichend vorhanden. Das Sprachenzentrum der Bauhaus-Universität Weimar und andere professionelle Sprachschulen in der Stadt reichen bei weitem nicht aus. Ein bisschen Deutsch vermitteln – zumindest für den Anfang – müsste doch aber jede(r) können.
Das war die grundsätzliche Idee, mit der an der Professur Sozialwissenschaftliche Stadtforschung der Fakultät Architektur und Urbanistik seit dem Wintersemester 2015/16 zusammen mit der studentischen Initiative WE Help Weimar ehrenamtlicher Deutschunterricht organisiert wird. Was als eine bescheidene Idee begann, wuchs schnell zu einer Initiative aus, an der sich zwischenzeitlich 50 ehrenamtliche Dozentinnen und Dozenten beteiligten.
Noch nie Sprachunterricht gegeben oder unterrichtet – für viele Studierende war es trotzdem selbstverständlich sich zu engagieren. Schlossen sich zunächst nur Studierende an, die mit dem Lehrstuhlinhaber Prof. Frank Eckardt bereits im Semester zuvor zum Thema »Willkommensstädte« gearbeitet hatten, konnten immer mehr Studierende aus allen Fakultäten gefunden werden, die sich engagieren wollten. Das war auch sehr nötig, denn statt der angezielten 20 Flüchtlinge kamen mehr als 100. Nicht alle konnten aufgenommen werden und auch im Laufe der vier etablierten Kurse mussten leider neuankommende Flüchtlinge abgewiesen werden.
Schnell musste Lernmaterial besorgt und eine unbürokratische Selbstorganisation der Dozentengruppen eingeführt werden, die von Fiona Merfert, Studentin der Urbanistik, koordiniert wurde. Mit Hilfe der Leiterin des Sprachenzentrums, Dr. Susanne Kirchmeyer, wurde Unterrichtsmaterial ausgesucht, das mit Geldern – vor allem der Initiative für Flüchtlinge des StudierendenKonvents (StuKo) und privaten Spenden – bezahlt wurde.
Über soziale Medien und den täglichen Austausch der Dozentinnen und Dozenten gelang und gelingt die Kommunikation sehr gut. Hinzu kommen regelmäßige Besprechungen an der Professur und Grammatik-Trainings von Susanne Kirchmeyer, mit welchen den Dozentinnen und Dozenten unter die Arme gegriffen wird.
Für die Studierenden ist der Unterricht eine Herausforderung, die aber allen Spaß macht. Niemand gab zwischendurch auf und viele möchten sich weiterhin für die Integration der Flüchtlinge engagieren. Aus diesem Grund hat das Institut für Europäische Urbanistik beschlossen, dass ab dem nächsten Semester Studierende der Urbanistik ihr Engagement auch in das Studium einbringen können. Als Teil des Wahlpflichtangebots »Interkulturelle Kompetenz« können sie dafür auch Credits erhalten.
Die Flüchtlinge begreifen das Angebot als eine einmalige Chance. Hier zwei Stimmen aus den Sprachkursen:
Molham Al-Khodari, 20 Jahre
Molham kommt aus Syrien. Er absolvierte die Schule, lebte im Libanon und in der Türkei – doch auch in jenen Ländern fühlte er sich schließlich nicht mehr sicher. Der 20-Jährige flüchtete mit seinem älteren Bruder und seinen Eltern nach Deutschland. Die ganze Familie besucht die Sprachkurse. Jeden Tag lernen sie bis zu sechs Stunden die Sprache, die ihnen erlaubt, später hier zu studieren und zu arbeiten. Molhams Traum ist es, Arzt zu werden. Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, weiss er - und arbeitet zielstrebig darauf hin.
Alaa Dandoush, 33 Jahre
Seine Frau und seine kleine Tochter musste Alaa in Syrien zurücklassen - die Flucht wäre zu beschwerlich gewesen. Vor allem für sie beide will er schnell die deutsche Sprache lernen, auch wenn der 33-Jährige sie viel schwieriger als Englisch findet. Alaa möchte sehr gern wie früher in seinem Heimatland in der IT-Branche arbeiten und Geld verdienen, um seiner Familie helfen zu können. Sein Wunsch wäre es jedoch, irgendwann wieder zurückkehren zu können.