Graduiertenkolleg »Identität und Erbe« erhält DFG-Förderung über 2,65 Mio. Euro
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat am 20. Mai 2016 den gemeinsamen Antrag der Technischen Universität (TU) Berlin und der Bauhaus-Universität Weimar für das Graduiertenkolleg »Identität und Erbe« bewilligt. Ab Oktober 2016 nimmt das Kolleg für zunächst viereinhalb Jahre seine Arbeit auf. Die Fördersumme, mit der je sechs Promotionsstellen in Weimar und Berlin eingerichtet werden, beläuft sich über den gesamten Zeitraum auf 2,65 Millionen.
Das Thema »Identität und Erbe« ist in den gegenwärtigen Werte- und Orientierungsdebatten besonders aktuell und brisant. Ebenso sind Fragen über den Umgang mit kulturellen Zeugnissen durch die gezielte Zerstörung des baulichen Erbes im Nahen Osten allgegenwärtig. »Das Graduiertenkolleg möchte Identitäts- und Erbe-Konstruktionen erforschen, die auf Bauwerken, historischen Orten und anderen kulturellen Überlieferungen gründen. Die Einheit von Staat, Geschichte, Volk, Kultur und kulturellem Erbe ist eine Behauptung, auf die im Prozess der Nationenbildung seit gut zweihundert Jahren zurückgegriffen wird. Heute wird diese wieder vermehrt zur Konstruktion kollektiver Identität(en) bemüht, und zwar vom Stadtmarketing bis zur ›Leitkultur‹-Debatte«, so Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier, Professor für Denkmalpflege und Baugeschichte an der Bauhaus-Universität Weimar und – gemeinsam mit Prof. Dr. Gabriele Dolff-Bonekämper von der TU Berlin – Sprecher des neuen Kollegs.
Das Kolleg ist ausgesprochen interdisziplinär aufgestellt. So sind unter anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Fachrichtungen Denkmalpflege, Bau- und Kunstgeschichte, Architekturtheorie, Kultur- und Medienwissenschaft, Bildende Kunst, Landschaftsarchitektur und -planung, Stadt- und Raumplanung wie auch Soziologie beteiligt. Das Kolleg will ein Modell für eine interdisziplinäre kritische Kulturerbe-Forschung entwickeln und darauf aufbauend eine Kulturerbe-Theorie. Damit verbindet es den Ansatz einer partizipatorischen und demokratischen Erbe-Interpretation mit der Feinbeobachtung und Deutung der materiellen Beschaffenheit der Gegenstände.
Am Kolleg sind aus Weimar sieben Professuren – fünf an der Fakultät Architektur und Urbanistik sowie je eine an den Fakultäten Medien sowie Kunst und Gestaltung – beteiligt:
Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier, Professur Denkmalpflege und Baugeschichte – Sprecher
Prof. Dr. Max Welch Guerra; Professur für Raumplanung und -forschung
Prof. Dr. Barbara Schönig, Professur für Stadtplanung
Jun.-Prof. Dr. Sigrun Langner, Professur für Landschaftsarchitektur und -planung
Jun.-Prof. Dr. Ines Weizman, Professur Architekturtheorie
Prof. Dr. Bernhard Siegert, Gerd-Bucerius-Professor für Geschichte und Theorie der Kulturtechniken
Prof. Dr. Michael Lüthy, Professur Geschichte und Theorie der Kunst
Des Weiteren sind drei Nachwuchswissenschaftler der Fakultät Architektur und Urbanistik beteiligt: Dr. phil. Eva Engelberg-Dočkal, Dr.-Ing. Mark Escherich und Dr.-Ing. Daniela Spiegel.
Weitere Informationen auf der Webseite der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): www.dfg.de sowie auf der Website der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte der Bauhaus-Universität Weimar: http://www.uni-weimar.de/de/architektur-und-urbanistik/professuren/denkmalpflege-und-baugeschichte/forschung/identitaet-und-erbe/
Das Graduiertenkolleg 2227 – »Identität und Erbe«
Graduiertenkollegs sind befristete Einrichtungen der Hochschulen zur Förderung des graduierten wissenschaftlichen Nachwuchses. Promotionsstudierende erhalten in Graduiertenkollegs die Möglichkeit, ihre Promotion im Rahmen eines koordinierten Forschungsprogramms durchzuführen. Sie werden dadurch in die Forschungsarbeit der beteiligten Einrichtungen einbezogen. Das Forschungsprogramm eines Graduiertenkollegs zeichnet sich durch hohe wissenschaftliche Qualität und Originalität auf internationalem Niveau aus.
Das Kolleg »Identität und Erbe« stellt der Entwicklung kollektiver Identitäten durch die oft behauptete Einheit von Staat, Geschichte, Volk, Kultur und Erbe die These entgegen, dass die Konzepte von Identität und Erbe zwar voneinander abhängig sind, sie aber weder auf stabile Bedeutungen und Beziehungen verweisen noch solche dauerhaft erzeugen. Unsichere Beziehungen und Mehrdeutigkeit sind charakteristisch für das konfliktdurchzogene Feld der Identifikation und Aneignung von Kulturerbe im Zusammenhang mit der Gründung von Gemeinschaften. Im Zentrum des Kollegs stehen der Zusammenhang zwischen dem Affirmationsbedarf von Gemeinwesen und der Aneignung von Kulturerbe, das für Geschichts- und Identitätspolitiken mobilisiert wird sowie die kritische Historisierung des Gesamtkonzeptes von Kulturerbe-basierten Identitätskonstruktionen.