BAUHAUS.INSIGHTS: Was beschäftigt die Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten im Jahr 2024?
Unter dem Titel »Hochschulbau trotz/t Krisen« findet vom 19. bis 21. September 2024 an der Bauhaus-Universität Weimar die Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten statt. Nach fast 20 Jahren kehrt das wichtige Treffen für den fachlichen Austausch über aktuelle Herausforderungen im Hochschulmanagement an die Weimarer Universität zurück. Der Gastgeber, Universitätskanzler Dr. Horst Henrici, spricht mit uns im Bauhaus.Insights-Interview über die Bedeutung der Tagung für die Kanzlerinnen und Kanzler, die zentralen Themen wie Gebäudemanagement und Nachhaltigkeit sowie die Herausforderungen und Chancen für die Universitäten in den kommenden Jahren.
Herr Dr. Henrici, in wenigen Tagen startet die große Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten – bei uns in Weimar. Die Tagung kehrt nach fast 20 Jahren an die Bauhaus-Universität Weimar zurück, während sie in anderen Städten noch nie stattgefunden hat. Das freut uns sehr – wie kam es dazu?
Die Ausrichtung einer solchen Tagung ist natürlich Auszeichnung und Herausforderung zugleich. Weimar ist tatsächlich als Tagungsort sehr beliebt und ich habe als Sprecher der mitteldeutschen Kanzler in den letzten Jahren auch das Interesse verfolgt, mal wieder eine Jahrestagung hier bei uns zu haben, an einer kleinen Universität »im Osten«. Dies war schon lange mein Wunsch und die Vorbereitungen einer solchen Tagung muss man sehr langfristig angehen. So habe ich den Hut für die Bauhaus-Universität gleich nach meiner Wiederwahl 2021 in den Ring geworfen. So fügte sich dann eins zum anderen.
Das zentrale Thema der Tagung dreht sich um die Herausforderungen, die Universitäten im Rahmen ihrer Bauten bewältigen müssen, bei Neubauten ebenso wie bei der Instandhaltung und Gebäudesanierung. Welche Herausforderungen sind dies und was muss sich aus Ihrer Sicht tun, um die Situation zu verbessern?
Die Herausforderungen bestehen klar in dem baulichen Zustand einiger Gebäude und in den unterfinanzierten Budgets für den Bauunterhalt. Ein weiterer Faktor sind die sich sehr schnell verändernden Ansprüche an Raumkonzepte in Lehre und Forschung, hier werden zum Beispiel Begegnungsräume immer wichtiger. Andere Einflüsse sind fehlendes Personal und nichtkalkulierbare Risiken durch Energiekostensteigerung, Baupreisunsicherheiten, Personalkostensteigerung etc., vor allem für eine Universität wie unserer mit einem Globalbudget. Wünschenswert wäre, wenn wir hier im Gesamtrahmen mit dem Land stabilere Verhältnisse hinbekämen. Dann könnte auch der Anteil der Maßnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit und Klimaneutralität steigen. Aber Schritt 2 vor Schritt 1 geht eben nicht – dazu müssen wir uns alle ehrlich die Karten legen.
Wie Sie gerade schon bemerken: Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird immer wichtiger und wird auch im Tagungsprogramm aufgegriffen. Denn gerade beim Bauen und in der Gebäudesanierung können durch kluge Maßnahmen zukünftig etliche Tonnen CO2 eingespart werden. Wie würden Sie die Lage hinsichtlich unserer Bauhaus-Uni-Gebäude einschätzen? Wo stehen wir aktuell und welche Hürden gibt es noch immer?
Tja, das ist eine schwierige Frage, auf die man gleichzeitig diplomatisch antworten müsste. Aber ich würde schon gern darauf hinweisen, dass wir manchmal einen Spagat machen müssen zwischen essentiellen Maßnahmen, die zum Aufrechterhalten des Betriebs notwendig sind wie Havariebehebung, Brandschutz oder Schimmelbeseitigung und dem Bestreben, etwas für den Klimaschutz tun zu wollen. Wir bewirtschaften über 80 Gebäude und haben die gesamte Bandbreite dabei: von alt und denkmalgeschützt, teils sogar mit Welterbestatus, bis zu modern und klimafreundlich. Im Bereich Nachhaltigkeit würden wir uns tatsächlich mehr Unterstützung vom Land Thüringen für seine eigenen Liegenschaften wünschen.
Ein weiteres drängendes Thema, über das Sie diskutieren werden, ist die Digitalisierung an Universitäten, vor allem im Baubereich. Dürfen wir mit Ihnen einen Blick in die Zukunft wagen? Wie können wir uns die digitalisierte Bauverwaltung in zehn Jahren vorstellen? Welche Bereiche werden sich besonders stark verändern?
Neben E-Akte, Rechnungswesen, Prozessoptimierungen, digitalisierten Stellenbesetzungsverfahren, etc. geht es auch darum, wie die IT-Unterstützung auf eine neue Generation von Software für Facility Management umgestellt werden kann. Wir wollen als Universität besser entscheiden können, welche Maßnahme wann dran ist. Hierfür schwebt uns vor, zu einer umfassenden Datenbank zu kommen, aus der sich der Sanierungsstau auf Knopfdruck herauslesen lässt. Daten für die Priorisierung von Bauprojekten können daraus generiert werden und vielleicht sogar mit digitalen Zwillingen der Gebäude der energetische Output von Sanierungsmaßnahmen simuliert werden. Darauf basierend können die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Bei der Jahrestagung kommen circa 100 Universitätskanzler*innen für den fachlichen Austausch zusammen. Neben dieser jährlichen Zusammenkunft gibt es zudem weitere Arbeitsgruppen und regionale Zusammenschlüsse. Die Kooperation untereinander ist sicher fruchtbar, jedoch konkurrieren Universitäten ja auch um die besten Forschenden, Mitarbeitenden, Lehrkräfte, bei den Studierendenzahlen und bei Drittmitteln. Wie gehen Sie als Kanzler*innen mit diesem Spannungsverhältnis um?
Dieses Spannungsverhältnis ist natürlich implizit da, kommt aber in den Kontakten der Kanzler untereinander eher selten zum Vorschein. Uns geht es um kollegialen Austausch, da sich viele Kanzler mit schwierigen fachlichen Fragestellungen (Bau, Finanzen, Steuer, Personalrecht) auseinandersetzen müssen, für die sie die jeweils die fachliche Verantwortung tragen, die aber trotzdem alle Institutionen gleichermaßen betreffen. Unser Ressort eignet sich auch nicht wirklich dazu, Konkurrenzen auszuleben. Um Ihre Frage in einem Satz zu beantworten: Die Kanzlerinnen und Kanzler untereinander sind eine aktive Selbsthilfegruppe.
Zum Abschluss möchten wir noch von Ihnen wissen, worauf Sie sich persönlich am meisten freuen an den drei Tagen?
Tatsächlich freue ich mich auf das Wiedersehen mit vielen gern gesehenen Kolleginnen und Kollegen, bin neugierig und stolz zugleich auf die Vorträge auch und gerade zu Projekten aus unserer Uni, bin gespannt auf die Austausche im hochkarätig besetzten Panel mit Vertretern aus Bund, Land und Universitäten, zu deren unterschiedlichen Perspektiven, den drängenden Fragen und hoffe natürlich als Gastgeber, dass die Tagung reibungslos verläuft. Wenn am Ende alle Teilnehmenden das Gefühl haben, fachlich Interessantes sowie Neues gehört und diskutiert zu haben sowie gleichzeitig auch eine angenehme Zeit in einer anregenden Umgebung verbracht haben, dann haben wir mit der Tagung alles erreicht, was wir uns immer gewünscht haben.
Herr Dr. Henrici, wir danken Ihnen für die interessanten Einblicke und wünschen Ihnen und allen Teilnehmenden eine erfolgreiche und gelungene Tagung!
Die BAUHAUS.INSIGHTS-Fragen zur Jahrestagung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands stellte Claudia Weinreich.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.uni-kanzler.de/