Die Fakultät Kunst und Gestaltung trauert um Prof. Dr.-Ing. habil. Olaf Weber
Die Universität verliert einen hoch geschätzten Kollegen und engagierten Lehrenden, einen »Ästheten und Ästhetiker, Architekturtheoretiker und Impresario«, wie er sich selbst betitelte.
1943 in Dresden geboren, hatte Olaf Weber schon früh ein großes Interesse an der Kunst, absolvierte aber zunächst – wie in der DDR damals üblich – eine Lehre zum Maurer. Von 1964 bis 1970 studierte er Architektur an der damaligen Hochschule für Architektur und Baukunst Weimar (HAB). Nach eigenen Aussagen eine »phantastische Zeit der ästhetischen und politischen Inspiration«. Parallel startete er seine ersten Aktionen im öffentlichen Raum.
In seinem Forschungsstudium beschäftigte sich Weber intensiv mit Medientheorie, Psychologie und Semiotik sowie deren Anwendung auf die Ästhetik der Architektur. 1973 promovierte Olaf Weber summa cum laude im Kollektiv mit Friedrich Rogge und Gerd Zimmermann zum Thema »Architektur als Kommunikationsmittel«.
Von 1973 bis 1980 zog es ihn als wissenschaftlichen Mitarbeiter nach Berlin an die Bauakademie der DDR. Ein Lebensabschnitt, in der er zwar »viel frei verfügbare Zeit« hatte, jedoch fehlende »wichtige gesellschaftliche Bedingungen für die Überleitung der gewonnenen Erkenntnisse in die architektonische Praxis« bemängelte.
So kehrte er 1980 als Aspirant an die HAB zurück. Ab 1984 begleitete er die Funktion als wissenschaftlicher Oberassistent im Wissenschaftsbereich »Theorie und Geschichte« in der Sektion Architektur. Seit 1983 war seine Sehkraft beeinträchtigt. Das unheilbare, fortschreitende Augenleiden hinderte ihn nicht daran, sich seiner Lehre und seiner Forschung intensiv zu widmen. 1987 habilitierte Olaf Weber schließlich zu dem architekturästhetischen Thema »Die Funktion der Form in der Architektur«.
Im kunstwissenschaftlichen Bereich war er seit 1980 aktiv: Er wurde Leiter der Arbeitsgruppe »Gestaltungstheorie« an der HAB, 1983 folgte die Aufnahme in den Verband der Bildenden Künstler. Er veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zur Designtheorie, hielt Vorlesungen an den renommierten Hochschulen in Berlin, beispielsweise der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und der Humboldt-Universität Berlin. 1986 übernimmt der das Amt des Sekretärs des Internationalen Bauhauskolloqiums.
In der Wendezeit, »Monate der Freiheit« nannte Weber sie, eröffneten sich neue Möglichkeiten und er verstärkte »seine gesellschaftlichen Interventionen im Lokalen des Kleinen, aber exemplarischen Weimar«, wurde politischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen in Weimar. Er sah die Chance, dass ein künstlerischer Ausbildungszweig nach Weimar zurückkehrte und übernahm daher 1991 die Leitung des »Instituts für Kunst und Design« an der HAB und arbeitete an der Gründung einer Fakultät Gestaltung, die 1993 schließlich erfolgte. Olaf Weber wurde als erster Professor in einem wissenschaftlichen Lehrgebiet berufen, nämlich der Ästhetik.
Weber verfolgte in seiner Lehre nach eigenen Aussagen »experimentelle Formen der Wissensvermittlung«. Im Rahmen seiner politischen Aktivitäten hatte er zahlreiche öffentliche Auftritte, Performance-Vorträge, gab einmischende Kommentare zur städtischen Gesellschaft ab und engagierte sich vehement für den Pazifismus. Eine langanhaltende Augenkrankheit führte 2003 schließlich zur völligen Erblindung.
2009 wurde Olaf Weber in den Ruhestand versetzt und konzentrierte sich von da an auf die für ihn wichtigsten Themen in einer Rolle als Mahner und Warner: Es ging ihm um Weltfrieden, Weltklima und soziale Gerechtigkeit gleichermaßen. So trat er unter anderem als Impresario des sogenannten 42. Kongresses des Absurden auf, der 2009, 2010 und 2011 veranstaltet wurde.
»Die Grenzen der geschundenen Ökosysteme, der sozialen Verwerfungen und der militärischen Aufrüstung sind überschritten. Es kann uns nur noch eine Umkehr retten: Rücknahme der globalen Erwärmung, der sozialen Erkaltung und der militärischen Überhitzung«, erklärte Olaf Weber in einem öffentlichen Mailing am 1. Juli 2019.
Am 23. Oktober 2021 verlor Olaf Weber den Kampf gegen eine schwere Krankheit. »Ein ausgebildeter Architekt, ein unbeugsamer Rhetoriker, ein engagierter Visionär und ein beliebter Hochschullehrer tritt ab. Ein experimentierfreudiger Freund der Künste und der Wissenschaften, der auch offensichtliche Widersprüche im Absurden auflösen konnte. Ein erblindeter Seher, ein bizarrer Performer, ein Ver-Dichter, ein Vers-Dichter, ein philosophischer Phineus ist von uns gegangen und fährt nun erneut voraus«, so Prof. Wolfgang Kissel, Dekan der Fakultät Kunst und Gestaltung. »Die Besatzung der Argo vermisst Dich und grüßt Dich auf Deiner letzten Reise!«
Die Gedanken und das Mitgefühl der Mitglieder der Fakultät Kunst und Gestaltung sind bei den Hinterbliebenen von Olaf Weber. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.
Alumnigespräch mit Olaf Weber vom 28. August 2018, Idee und Umsetzung Mirko Muhshoff
Alumnigespräch mit Prof. Olaf Weber
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