Zum zweiten Mal präsentiert das Lindenau-Museum Altenburg eine Ausstellung anlässlich der Verleihung des mit 5.000 Euro dotierten Bernhard-August-von-Lindenau-Förderpreises. Acht junge Absolvent*innen der mitteldeutschen Kunsthochschulen stellen vom 10. September bis zum 27. Oktober 2024 ihre zeitgenössischen künstlerischen Positionen im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg vor. Für die Fakultät Kunst und Gestaltung waren im diesjährigen Wettbewerb Coretta Klaue und Eduardo José Rubio Parra von Jana Gunstheimer, Professorin für Experimentelle Malerei Und Zeichnung, nominiert worden.
Zur Ausstellung entsenden die Hochschule für Bildende Künste Dresden, die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig sowie die Bauhaus-Universität Weimar jeweils zwei Absolvent*innen nach Altenburg, um sich dem Wettbewerb um den Förderpreis zu stellen. Eine Jury aus Fachleuten und Vertreter*innen der Förderer wählt anhand der ausgestellten Arbeiten den*die spätere*n Preisträger*in. Die Auszeichnung erhielt in diesem Jahr Lena Melis Koneberg von der Hochschule für Bildende Künste Dresden für ihre prozesshaften Glasarbeiten und Malereien.
In der diesjährigen Ausstellung, die noch bis zum 27. Oktober 2024 besucht werden kann, präsentieren Katharina Gahlert, Coretta Klaue, Lena Melis Koneberg, Hanna Kučera, Eduardo José Rubio Parra, Sophie Constanze Polheim, Clara Pötsch und Iva Svoboda ihre Werke.
Den Auftakt der Ausstellung bilden drei raumgreifende Textilarbeiten von Coretta Klaue (Bauhaus-Universität Weimar). Unter dem Titel »The Death Wants to Belong« verarbeitet sie in diesen drei Werken persönliche Erfahrungen, die sie in den letzten anderthalb Jahren gemacht hat. In der Farbauswahl wie auch in der Linienführung agiert sie sehr intuitiv. Ergänzt werden die Textilarbeiten durch die Soundinstallation »Sadie«, die sich in überspitzter Form kritisch mit der »Erziehung als Frau im Patriarchat« beschäftigt.
Im benachbarten Raum setzt sich Clara Pötsch (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig) in scheinbar klassischer Form mit biblischen Szenen auseinander. Erst beim genaueren Blick auf die ausgestellten Malereien zeigt sich, wie die Künstlerin sowohl mit dem Material als auch mit dem Personal und den Bezügen zur Gegenwart innerhalb der Motive spielt. Mit der Verwendung von Blattgold, Plastik und Eitempera erfahren Materialien und Techniken eine Neubewertung. Symptome einer Wegwerfgesellschaft werden ebenso beleuchtet wie das kaum zerstörbare Material Plastik, das die Menschheit noch lange begleiten wird.
In direkter Nachbarschaft beschäftigt sich Hanna Kučera (Hochschule für Bildende Künste Dresden) mit Warenkreisläufen im Kunstbetrieb, die sie mit Wesensmerkmalen des modernen Menschen, vor allem denen einer Künstlerin verbindet: Flexibilität, Mobilität und Präkarität in der (Kunst-)Welt. So stellt sie ganz bewusst nicht nur offensichtlich kunsthafte Objekte aus, sondern auch die große Transportbox, in der die von ihr ausgestellten Werke nach Altenburg gekommen sind und die stellvertretend für ihre Themen steht. Die plastischen Exponate sind Elemente einer Performance, die via QR-Code auch in der Ausstellung erlebbar ist.
Sophie Constanze Polheim (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig) geht in ihrem Werk auf das Verhältnis zwischen dem Menschen und dem Element Feuer ein, da diesem das Potenzial der Veränderung und des Neuanfangs innewohne. Mit Detailaufnahmen verbrannter Autoteile, deren reale Vorbilder symmetrisch im Raum angeordnet sind, bezieht sie sich einerseits auf den tragischen antiken Mythos um den Lenker des Sonnenwagens Phaeton, andererseits aber auch auf Machtstrukturen. In ihrem Künstlerinnenbuch »Feuerteufel« (Kurztitel; Werk wird nicht ausgestellt) hat sie diese ebenso thematisiert wie Erzählungen aus ihrer Kindheit. So erklären sich auch die drei in der Ausstellung präsentierten Rossschweife, die auf Krampus (eine Figur aus dem alpenländischen Adventsbrauchtum) Bezug nehmen.
Surrealer mutet das Werk von Iva Svoboda (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle) an. Mit Plastikfolie in tiefem Schwarz überzieht sie ausrangierte Gegenstände und setzt sie zu neuen Formen zusammen. Einst alltägliche Objekte werden in unbrauchbare Formen verwandelt. Die so erschaffenen Objekte wirken fremdartig und erzeugen bei den Betrachterinnen und Betrachtern ein unterbewusstes Unwohlsein. Werktiteln wie »muskel waage« oder »who gave you the first ring?« wohnt bereits ein Narrativ inne.
Im Zeichen der »Body Modification« steht wiederum das Werk des Künstlers Eduardo José Rubio Parra (Bauhaus-Universität Weimar) . In seinem eigens für die Altenburger Ausstellung geschaffenen Werk »CARNADA« (Köder) blickt der Künstler in lasziver, wie der Titel vermuten lässt, verführerischer Pose gleich mehrfach die Betrachter*innen an. Doch nicht nur die Körperhaltung, sondern auch der Körper selbst zieht die Aufmerksamkeit auf sich: An der Stirn des Künstlers sind vier Hörner zu sehen, die dämonisch anmuten. Dieses Attribut greift er sowohl in vier ebenfalls ausgestellten Grafitzeichnungen auf als auch in einer einzelnen Fotografie, der ein »seriöses« gegenübergestellt wird.
Katharina Gahlert (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle) präsentiert in Altenburg Teile aus zwei Werkkomplexen: Keramischen Objekten stellt sie drei fahnenartige Textilien gegenüber, die sie in einer koreanischen Patchworktechnik anfertigte. Sowohl durch ihr Material als auch durch die Motivik stecken sie voller Bezüge. Durch die Nutzung von Erden oder Rost als Farbstoffe überträgt sie naturgebundene Materialien auf ein Textil, das sich in seinen Motiven zugleich mit der Veränderung der Natur durch die intensive Nutzung des Menschen (z. B. Tagebaulandschaften) auseinandersetzt.
Die Jury des Bernhard-August-von-Lindenau-Förderpreises 2024 zeichnete Lena Melis Koneberg von der Hochschule für Bildende Künste Dresden als diesjährige Preisträgerin aus. Das Werk der Künstlerin steht ganz im Zeichen einer Prozesshaftigkeit, die sich sowohl in ihren ausgestellten Glasarbeiten als auch in ihren Malereien ausdrückt. Dabei offenbart sich nicht nur die Lust am Material, sondern auch am Handwerk sowie der Spagat zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Ihre Glasarbeiten bestehen aus farbigen Abfällen, die sie auf der venezianischen Insel Murano gesammelt hat und nun in Schichten aufeinanderlegt. Der Hang zum Übereinanderlegen verschiedener Farben zeigt sich auch in ihren Malereien, wenngleich sie hier auf ganz unterschiedliche Materialien zurückgreift (z. B. Tusche, Eitempera, Ölfarbe). Sie alle sind Ausdruck großer Experimentierfreude.
Die Jury würdigte vor allem die absolut zeitgemäße Lebensnähe ihrer Bildwerke von großer Sensibilität und atmosphärischer wie technischer Raffinesse. Der Zusammenklang mit den Glasarbeiten, die ein Gespräch zwischen uraltem Handwerk und spielerischem Experiment eröffneten, erzeuge eine kreative Raumwirkung, die zwischen einer als harmonisch empfundener Stille und einer sich dagegenstemmenden irritierenden Verstörung nicht zur Ruhe komme.
Juror*innen: Sebastian Gögel (Maler, Leipzig), Dr. Annekathrin Kohout (Kulturhistorikerin, Medienwissenschaftlerin & Publizistin, Leipzig), Dr. Roland Krischke (Direktor der Altenburger Museen [Juryvorsitzender]), Dr. Vera Lauf (Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Bauhaus Dessau), Günter Lichtenstein (Anita und Günter Lichtenstein Stiftung, Göpfersdorf), Katja Rettig (Vorsitzende des Förderkreises »Freunde des Lindenau-Museums« e.V.), Anja Richter (Kuratorin der Kunstsammlungen Chemnitz/Museum Gunzenhauser, Chemnitz), Andrea Schappmann (Geschäftsführerin der Energie- und Wasserversorgung Altenburg GmbH)
Bernhard-August-von-Lindenau-Förderpreis 2024
Sonderausstellung des Lindenau-Museums Altenburg im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg
10. September bis zum 27. Oktober 2024
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, an Feiertagen
11 bis 17 Uhr
Eintritt: 4 Euro / 3 Euro (ermäßigt)
Der Zugang zu den Ausstellungsräumen im Prinzenpalais ist nicht barrierefrei.
Ort:
Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg
Schloss 16
04600 Altenburg
lindenau-museum.de
Begleitprogramm:
Samstag, 14. September 2024, 14 Uhr
Führung: Bernhard-August-von-Lindenau-Förderpreis 2024
mit Nora Frohmann, Kuratorin der Ausstellung
Treffpunkt: Kasse im Prinzenpalais
Mittwoch, 25. September und 2. Oktober 2024, 18–20 Uhr
Werkstatt am Abend für Erwachsene: Renaissance + Wein: Vergolden, Eitempera mischen und malen
mit Clara Pötsch, Malerin 8 Euro p. P. (ein Glas Wein inkl.), mit Anmeldung
ATELIER im studio, Lindenau-Museum, Kunstgasse 1
Sonntag, 13. Oktober 2024, 14–17 Uhr
Offene Familienwerkstatt: Patchworkkleinigkeiten
Wir nähen Kleinigkeiten in Patchworktechnik – für Ordnung und Deko: Brotkörbe, Schmucksäckchen, u. a.
mit Carolin Woitke, Modedesignerin
5 Euro für Erwachsene, 3 Euro für Kinder
ATELIER im studio, Lindenau-Museum, Kunstgasse 1
Sonntag, 20. Oktober 2024, 14 Uhr
Sonntagsführung: Bernhard-August-von-Lindenau-Förderpreis 2024
mit Nora Frohmann & Luise Richter, Kuratorinnen der Ausstellung
Treffpunkt: Kasse im Prinzenpalais
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