Welterbe. Lokale Stadtentwicklung

Deutung, Erhaltung und Nutzung der historischen Residenzlandschaften

Schloss Friedenstein, errichtet Mitte des 17. Jahrhunderts in Gotha als Residenz des Herzogs Ernst I. von Sachsen-Gotha, heute touristische Attraktion und Kulturzentrum. An der Erhaltung dieser eindrucksvollen Anlage beteiligen sich lokale sowie internationale Institutionen. Foto: Piero Sassi 2020.
Delizia Estense del Verginese, südöstlich von Ferrara in der Emilia-Romagna, Anfang des 16. Jahrhunderts im Auftrag des Herzogs Alfonso I d’Este fertig gestellt. Die Anlage diente als Residenz („delizia“) der herzoglichen Familie auf dem Lande und ist heute wesentlicher Bestandteil der 1999 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannten Landschaft um Ferrara. Foto: Biancamaria Rizzoli 2014, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Planungsprojekt

Piero Sassi

Note - 12 LP/8 SWS

Schösser, historische Garten- und Festungsanlagen prägen das Bild der Thüringer Landschaft und bilden die Hinterlassenschaft einiger zentraler Kapitel der gesamteuropäischen Geschichte. Eine wesentliche Rolle spielen jene großzügige Residenzanlagen, wie etwa das barocke Schloss Friedenstein in Gotha, die über mehrere Jahrhunderte auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Thüringen gebaut wurden, um Einrichtungen mächtiger Herzogtümer zu beherbergen. Diese stellen heute Landes- und Kommunalpolitik sowie internationale Akteure und lokale Zivilgesellschaft vor die Herausforderung, einen angemessenen Umgang mit diesem städtebaulichen Erbe zu gestalten. Dazu zählen nicht nur die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Erhaltung der historischen Bausubstanz, sondern auch die Entwicklung eines Nutzungsprogrammes, das sowohl die Bedürfnisse des touristischen Sektors als auch die der lokalen Einwohnerschaft berücksichtigt, und nicht zuletzt die Auseinandersetzung um die Deutung der langen und bewegten Geschichte dieser städtebaulichen Denkmäler. Die prominente Residenzlandschaft Thüringens rückte letzten Sommer (2020) in den Vordergrund der politischen Diskussion, als das Vorhaben der Landesregierung bekanntgegeben wurde, einen Antrag zur Aufnahme in die Weltkulturerbe-Liste des United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) vorzubereiten.

 

Im Rahmen eines Planungsprojektes werden wir uns anhand von ausgewählten städtebaulichen Produkten mit der Rolle in heutiger Landes- und Kommunalplanung der Residenzlandschaft Thüringens auseinandersetzen. Wie ist sie entstanden und wie wurde sie im Laufe der Zeit gedeutet? Welche Institutionen und Akteuren sind heute für Nutzung und Erhaltung dieses städtebaulichen Erbes zuständig? Welche wären die Auswirkungen einer UNESCO-Nominierung? Um dieses Thema ausführlich zu diskutieren, werden wir im Rahmen eines ausführlichen Exkurses die Erfahrung in der Residenzlandschaft um Ferrara, in der Emilia-Romagna, erkunden. Dieses Produkt der italienischen Renaissance wurde 1999 in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste eingetragen. Basierend auf den Ergebnissen der Analysenphase werden wir in der Konzeptionsphase Vorschläge entwerfen, um das Nutzungs- und Erhaltungsprogramm der Thüringer Residenzlandschaft zu bereichern. Das Planungsprojekt sieht einige Tagesexkursionen in Thüringen vor, wenn die epidemiologische Lage es erlauben wird, um ausgewählte städtebauliche Denkmäler und deren Umfeld zu besichtigen und mit Akteuren vor Ort zu diskutieren.