Hintergrundinformationen

(Abb. Max Welch Guerra 2016)

Die Fotografie, die unser Programm begleitet, zeigt ein einzigartiges städtebauliches Ensemble von sehr unterschiedlichen Bauten in Weimar, Bauten, die für vier deutsche Herrschaftsformen stehen. Die optisch hervorstechenden weißen Hochhäuser in der Bildmitte bilden den Langen Jakob, ein Studierendenheim, das nach Plänen von Anita Bach, Professorin an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar, 1970-1972 gebaut wurde. Unmittelbar hinter der markanten Figur ist gerade noch ein Fragment des heutigen Verwaltungsgerichts sichtbar. Das Gebäude entstand 1935 (Name des Architekten nicht auffindbar) als Stabsgebäude der 1. Panzerdivision und diente von Kriegsende bis Juli 1945 Einheiten der US-Armee als vorläufiger Standort, beherbergte dann die Kreisleitung der SED und wurde nach 1990 zunächst als Finanzamt genutzt und umgebaut. Weiter links steht das Goethe-Schiller-Archiv, das älteste deutsche Literatur-Archiv, eine Schatztruhe Deutschen Geistes, die 1896 eröffnet wurde (Arch. Otto Minkert). Vor diesen drei Gebäuden erstreckt sich das einzige beinahe zu ende errichtete Gauforum der Nazi-Zeit (1937-1945, Arch. Hermann Giesler). Die drei Flügel des ehemaligen Gauforums sind vor allem durch die grauen Dachflächen sichtbar. Der weiße Kubus links davon wurde 1936 als Halle der Volksgemeinschaft geplant und nicht fertig gestellt. Seit 2005 beherbergt es unter dem Namen Atrium ein innerstädtisches Einkaufszentrum mit über 800 Parkplätzen.

Kaum bekannt ist, dass der Lange Jakob das einzige Beispiel einer expliziten städtebaulichen Antwort der DDR auf die Hinterlassenschaften der Nazi-Zeit ist. Ein weißer, moderner Baukörper erhebt sich über die braune Masse eines hervorgehobenen Symbols der Nazi-Herrschaft. Dieser Kontrast ist allerdings erst aus einer bestimmten Distanz evident, am besten vom Turm der Gedenkstätte Buchenwald (1958, Ludwig Deiters u.a.) aus, von wo aus dieses Bild entstand.
Victoria Grau und Max Welch Guerra