DIE STADT VOLTERRA
"Welch ein seltsamer Ort, auf einsamer Höhe gelegen, von den Winden
des Meeres umweht. Geradezu himmlische Harmonie wird zwischen
den eindrucksvollen Prachtbauten, gemütlichen Gassen und lose
aufeinanderfolgenden Plätzen erreicht. Und doch: so abgelegen
in der wilden Erosionslandschaft des kahlen, ausgewaschenen Tongebirges,
angenagt und schon teilweise verschlungen von diesen "Balze" genannten
Schluchten, wie versunken in die eigene Vergangenheit, erscheint
die Stadt erst heute.
VOLTERRA - hochoben auf einem breiten Bergrücken gelegen, eingebettet
zwischen den Flußtäler der Era und Cecina, umringt von einem doppelten
Mauergürtel (dem etruskischen und dem mittelalterlichen) ist die
Stadt eine der wichtigsten Zentren der Toskana. Die Bedeutung
der Stadt beruht nicht nur auf den Zeugnissen vergangener Kulturen,
die im Laufe von 3000 Jahren gefolgt sind, sondern auch auf der
Verarbeitung des Alabasters.
ALABASTER - der hell leuchtende Stein faszinierte bereits vor
3000 Jahren die Etrusker. Schon in dieser Zeit wurde in Volterra
Alabaster abgebaut und zu kunstvollen Urnen und edlen Gefäßen
geformt. Geschichte und Kultur dieser Stadt sind somit eng mit
dem Alabaster-handwerk verbunden. Der Alabasterstein ist weich
und trotzdem fest und charakterisiert sich durch Farbe, Aderung
und Transparenz.
Das geographisch und geologisch interessante Umland von Volterra
ist reich an Bodenschätzen und geothermischen Vorkommen. Das vierzig
Kilometer entfernte Meer prägt ein mediterranes mildes Klima,
das eine mannigfaltige Flora und Fauna begünstigt.
Die ältesten archäologischen Funde gehen auf das 1O. Jahrhundert
vor Christi zurück. Nach den Ansiedlungen in der Jungsteinzeit
entwickelte sich die Stadt während der Villanova - Kultur, auf
der im 8. Jahrhundert vor Christi die etruskische Zivilisation
ihre Hochblüte erlebte. Auch die Römer hinterließen ihre Zeichen
und Geheimnisse. 1950 wurde das römische Theater und die Thermen
erst entdeckt und mit Hilfe von Patienten der psychiatrischen
Anstalt freigelegt.
Volterra ist heute die Stadt, die noch von der Hektik der modernen
Zeit verschont geblieben ist. Wer auf den volterranischen Hügel
kommt, spürt zugleich den Eindruck einer besonderen Stadt. Die
engen Gassen mit den Turmhäusern und den nach außen hin schlicht
erscheinenden Palästen, innen prunkvoll und mit enormen Ausmaßen
und das in der etruskischen Tradition verwurzelte Gewerbe vermitteln
das Gefühl, noch in der alten Zeit zu leben.
Die Gemeinde Volterra zählt heute ungefähr 13.000 Einwohner. Mehr
als ein Drittel lebt im Stadtzentrum. Volterro ist eine Beamtenstadt,
es gibt Schulen mit den verschiedensten Bildungswegen, ein großes
Kronkenhaus durch Zusammenlegung mit den Gebäuden der ehemaligen
psychiatrischen Klinik. In der einstigen Festungsanlage der Medici
befindet sich ein Gefängnis mit erhöhter Sicherheitsstufe.
In der Nähe zum Meere, das angenehme Klima, die malerische Naturlandschaft
und die Möglichkeit Kultur, Bildung und Urlaub miteinander zu
verbinden, liegen die Potentiale Volterras für den heutigen Tourismus.
Im geographischen Zentrum aller bekannten kunsthistorischen Stätten
gelegen, sind diese leicht von hier zu erreichen.
Jedoch der Rückgang des Alabasterhandels, die Schließung der Psychiatrie
und wahrscheinlich auch des Krankenhauses besteht ein starker
Strukturwandel. Eine hohe Arbeitslosigkeit ist vorhanden und wird
sich noch erhöhen. Vor allem junge Leute sind davon betroffen
und wandern in andere Regionen und Städte ab. Eine positive Veränderung
der wirtschaftlichen Situation würde eine Umwandlung des Eintagestourismus
zu einem Langzeittourismus bewirken.
Als eine Initiative gegen diese Entwicklung wurde durch Vertreter
der Universitäten Pisa, Siegen und Maastrich, der Stadt Volterra,
und der Region Toscana das LABORATORIO UNIVERSITARIO EUROPEO VOLTERRA
gegründet. 1996 stellt die Stadt Volterra den mittelalterlichen
Geschlechterturm "Torre Toscano" inmitten der historischen Altstadt
als vorläufige Arbeitstätte zur Verfügung. Die Universitäten Siegen
und Pisa führten intensive Studienarbeiten u.a. Projektentwicklung
zur Neugestaltung des "Poggio alle Croci" als zukünftiger Sitz
des "Laboratorio Universitario Europeo Volterra" durch.