Beschreibung |
'Die neue Frau ist da - sie existiert' schreibt 1918 die russische Schriftstellerin Alexandra Kollontai. Das Bild der Frauen in den Medien der 1920er Jahre bestimmen selbstbewusste, dynamische, experimentierfreudige Frauen: Die Autofahrerin, die Pilotin, die Sportlerin, die Lebenslustige und der Typ der androgynen Garconne mit kurzem Haarschnitt und Hosen tragend. Sie alle prägen das Bild der Neuen Frau und Zeitschriften wie die 'die neue linie' verbreiten es. Die Moderne hielt also nicht nur eine neue Architektur und neue Gestaltungslösungen bereit, das alles war eng verknüpft mit einem sich neu orientierenden Geschlechterverhältnis. Eine Zeichnung aus dem Jahr 1923 des ungarischen Bauhausschülers Farkas Ferenc Molnar eines umschlungenen, nackten Paares vor dem Haus am Horn verdeutlicht exemplarisch die Idee einer gleichberechtigten Beziehung. Das Paar ist halb sitzend, halb liegend, mehr nebeneinander als eng umschlungen dargestellt. Seltsam sind Arme und Beine der Beiden jedoch ineinander verschränkt. Die Architektur des Haus am Horn spiegelt die Idee, die sowohl die Freiheit des Einzelnen, sprich das Nebeneinander als auch das Miteinander beinhaltet, in gebauter Form wider. Die einzelnen Räume sind um einen zentralen Wohnraum gegliedert: Küche und Essbereich, das Kinderzimmer, das Zimmer der Dame, das Bad und abschließend das Zimmer des Herren. Sowohl das Zimmer der Dame als auch das Zimmer des Herren sind vom Wohnraum her begehbar. Ausgehend vom Bauhaus werden im Seminar sowohl Biografien als auch einzelne Entwürfe vorgestellt, die unter der Idee 'bauhaus feminin' zu fassen sind. Dazu zählen die Bauhäuslerinnen wie Marianne Brandt, Re Soupault, Alma Siedhoff-Buscher und Gunta Stölzl und andere weniger bekannte Frauen. Aber auch die 'Frankfurter Küche' von Margarete Schütte-Lihotzky, Arbeiten von Eileen Gray, Sophie Taeuber-Arp und weiteren Architektinnen und Künstlerinnen der Moderne, die zeitgleich mit den Bauhäuslerinnen gelebt und gearbeitet haben, werden besprochen. 'Macht euch endlich frei von der Haushaltssklaverei!'appelliert Erna Meyer an die Frauen in den 1920er Jahren. Texte von Theoretikerinnen, die sich, wie Erna Meyer und Hildegard Grünbaum-Sachs, Grete Dexel mit Ehemann Walter Dexel sowie Hildegard Schwab-Felisch, intensiv mit den Themen Gestaltung, Wohnen und Leben befasst haben, werden ebenfalls im Seminar thematisiert. In diesem Zusammenhang ist auch die Publikation 'Die neue Wohnung. Die Frau als Schöpferin' von Bruno Taut zu nennen; eines der ersten Architekturbücher, die speziell für ein breites Publikum geschrieben waren und über das Neue Bauen aufklären wollten. |