Bauhaus - Universität Weimar Weimar, 25. Februar 1999
Fakultät Architektur, Stadt- und Regionalplanung
Professur Darstellungsmethodik
Prof. DI Andreas Kästner

Gutachten zur Diplomarbeit von cand.-Ing. Cathrin S. Bock: "Laboratorio Universitario Volterra"


Die Verfasserin greift in ihrem Entwurfsansatz auf das Bild der Schiene zurück. Geboren aus der vorgefundenen aber eher zufälligen Parallelstellung zweier, der sonst relativ ungeordnet und beziehungslos stehenden Bauten schafft sie es mit diesem Ansatz, der Situation Halt zu verleihen. Die bis dahin ins Leere laufenden Gesten des Bestandes erhalten durch den Entwurf einen Sinn. Die parallele Ausrichtung der fünf Baukörper orientiert sich behutsam an den Konturen des Bestandes und definieren gemeinsam mit diesem intime Räume, die zur gemeinsamen Arbeit einladen. Interessanterweise wird auch das aus der Schinenachse herausgedrehte Gebäude mit seinen zur Altstadt geöffneten Armen schlüssig in die Komposition einbezogen und stellt eine imaginäre Verbindung zu dieser her.

Der Gedanke der Schine wird auch auf die Neuordnung der Freifläche übertragen, wobei Nutzung und Materialität derselben aus den Plänen nicht hervorgehen. Was an kompositorischer Qualität gelobt wird, wirft in seiner Orthogonalität und Gerichtetheit im Zusammenhang mit der topografischen Bewegtheit des Geländes natürlich Probleme auf, in deren Lösung auch ein erhebliches Potential liegt. Die gestalterischen aus der Einordnung der Architektur un der Wege herrührenden Eingriffe in die Topografie fallen eher bescheiden aus, dies zeigt sich deutlich in den mit Höhenlinien ausgestatteten Plänen.

Mit großer Sicherheit hat die Verfasserin Orte für ihre baulichen Interventionen gewählt. So gibt es den Ort der Verbindung, den achsialen Ort, den Ort der Ecke und den Ort der Verklamme-rung. Jeder Ort ist durch seine eigentümlichen Besonderheiten charakterisiert leistet mit seiner Bebauung seinen Beitrag zur Sanierung der städtebaulichen Situation des Ganzen und sorgt für unterschiedliche Modifikationen der Mitglieder der Baukörperfamilie. Durch das Hinzufügen der Baukörper entstehen neue Räume, deren Potential in der Gegenüberstellung zum Bestand liegt. Diese Situation wird im Einlegemodell gezeigt, wäre in einer Perspektive sicher noch überzeugrnder wiederzugeben gewesen.

Das Baukörperkonzept ist in sich in mehrfacher Hinsicht logisch. Mit ihrer Rückseite sorgen die Baukörper für eine massive Kontur, eine Analogie vielleicht zur beeindruckenden Stadtmauer Volterras, nach innen zu den Hofräumen dagegen werden sie zunehmend transparenter. So erfahren die Innenräume ihre Spannung von massiv bis hin zu skelettartiger Auflösung. Die Erdgeschosse enthalten neben öffentlicher eingeordeten Wohnzellen auch gemeinschaftlich genutzte Bestandteile, die großzügig an die Höfe angeschlossen sind.Die Obergeschosse dagegen sind für das zurückgezogenere Wohnen vorgesehen. Die geforderte Unterbringung von 60 Studenten sieht der Gutachter mit 59 als erreicht an. Der Verzicht auf die Darstellung der Fensteröffnungen in der Massivwand kann zu Mißverständnissen führen. Die Grundrisse sind sehr effektiv gegliedert und lassen trotz ihrer Gleichartigkeit ein gewisses Maß an Flexibilität zu.

Die Fassaden sind sehr zurückhaltend dargestellt, der Sichtbeton hätte möglicherweise einen weiteren vom Bestand verschiedenen Grauwert in die Darstellung bringen können, auch wurde auf die Darstellung der Fensterteilung verzichtet. Die konstruktive Lösung zeigt einen interessanten bauklimatischen Ansatz, der aber einige Probleme aufwirft, die noch zu diskutieren sind.

Zeichnungen und Modellbau sind von sehr guter Qualität, die Blattgestaltung fällt etwas unterschiedlich aus. Ein gewisser Mangel an textlichen Erklärungen ist zu verzeichnen.

Die Annahme der Arbeit wird empfohlen.

Prof. Andreas Kästner